2006-12-25
Literatur | -e - Part 47
Heute vor 50 Jahren machte sich Robert Walser (1878–1956), einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller, von der Heilanstalt Herisau aus alleine auf einen Weihnachtsspaziergang, von dem er nicht mehr zurückkam.
Immer wieder scheinen bei ihm Sätze von der eingeschlagenen Richtung abzukommen, blitzen Wörter auf, die von einander losgelöst unterschiedliche Assoziationen auslösen imstande sind (wobei die Textebenen eine höchst präzise Führung aufweisen). Textuelle Interferenzen treten auf, die "passieren" und scheinbar nicht beabsichtigt sind, dennoch in einem engen Zusammenhang miteinander stehen. Reinhard Lettau hat hinsichtlich ähnlicher Verfahrensweisen bei einem der literarischen und oft auch so herbeizitierten "Verwandten" Walsers, einem seiner Bewunderer, bei Franz Kafka, auf die Wirkung derart transportierter Unsicherheiten verwiesen: "Die prüfende Wahrnehmung korrigiert in Fällen, in denen sie mit der erinnerten Wahrnehmung nicht übereinstimmt [...], diese [...] nicht hinweg, sondern läßt sie dissonierend bestehen."
Senior Editor

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[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]

