Ablagerungen. Deutsche in der tschechischen Gegenwartsliteratur
[ Lesungen ]
Mit dieser Reihe, die vom Deutschen Kulturforum östliches Europa zum ersten Mal 2008 in Berlin veranstaltet wurde, soll der zunehmend unverkrampfte Umgang tschechischer Kulturschaffender mit der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte gezeigt werden.
Bis in die neunziger Jahre hinein wurde in Tschechien die Vertreibung der Deutschen verdrängt. Mittlerweile ist der Blick zurück differenzierter, es wird nicht mehr die deutsche Kollektivschuld bemüht, sondern das erlittene und zugefügte Leid von mehreren Seiten gesehen, die Begleitumstände offengelegt. Wie die Leerstellen, die die Vertreibung der Deutschen hinterlassen hat, von der Literatur zurückerobert werden, zeigen die szenische Lesung des Stücks Porta Apostolorum von Miroslav Bambušek und der Abend mit den beiden Schriftstellerinnen Radka Denemarková und Anna Zonová. Die drei Autoren setzen sich in ihren Werken mit den im Rahmen der Vertreibung begangenen Verbrechen und den Folgen auch für die tschechische Bevölkerung auseinander.
Freitag, 27. November 2009, 19 Uhr (Kulturforum im Sudetendeutschen Haus, Hochstraße 8, 81669 München): Porta Apostolorum. Szenische Lesung des preisgekrönten Stücks von Miroslav Bambušek, eingerichtet von Katharina Schmitt
Thematisiert wird das Massaker von Postelberg/Postoloprty - einer der größten Massenmorde an der deutschen Bevölkerung in Böhmen. In seinem Stück verbindet Bambušek Spielszenen mit Texten aus Verhörprotokollen, Politikerreden und literarischen Zitaten. Auf diese Weise versucht er, gegen das Vergessen seiner Landsleute anzukämpfen und "das Publikum zu einer Auseinandersetzung mit Fakten zu zwingen".
Miroslav Bambušek initiierte u.a. das Projekt Perzekuce.cz, das mit Inszenierungen, Diskussionen mit Historikern und Fahrten zu Originalschauplätzen die Vertreibung der Deutschen in Erinnerung ruft. Für seine Stücke Sand (2002) und Porta Apostolorum (2004) erhielt er den Alfréd-Radok-Preis.
Dienstag, 1. Dezember 2009, 19 Uhr (Tschechisches Zentrum, Prinzregentenstr. 7, 80538 München): Lesung und Gespräch mit Radka Denemarková und Anna Zonová. Moderation: Eva Profousová
In ihrem Roman Geld von Hitler (Peníze od Hitlera) schildert Radka Denemarková das Schicksal einer jungen deutschböhmischen Jüdin nach 1945. Das Buch wurde 2007 mit dem tschechischen Literaturpreis "Magnesia Litera" ausgezeichnet und erschien 2009 unter dem Titel Ein herrlicher Flecken Erde in der DVA.
Der in Tschechien erfolgreiche Roman Zur Strafe und zur Belohnung von Anna Zonová berichtet von Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg im leer geräumten Grenzgebiet des ehemaligen Sudetenlandes angesiedelt wurden. Das Buch erschien 2007 in einer zweisprachigen Ausgabe im Wieser Verlag.
Eva Profousová hat die Werke für die Reihe ausgesucht und wird die Lesung moderieren. Die ehemalige Leiterin des Hamburger Honorargeneralkonsulats der Tschechischen Republik und frühere wissenschaftliche Mitarbeiterin der bei der DVA erschienenen Tschechischen Bibliothek ist als Übersetzerin und Publizistin Botschafterin der tschechischen Literatur in Deutschland.
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