Themenheft: Wendejahre - Part 2
[ Themenheft: Wendejahre ]
Um ein Mindestmaß an provokativem Potenzial in die unsererseits jüngst initiierte Debatte um die Wendejahre/Jahrestage reinzubringen (siehe den Call for Papers zum Themenheft), sollen hierorts als Ergänzungen post festum zwei Fragerichtungen noch deutlicher formuliert werden, die bei der kakanischen Themenstellung latent ins Auge gefasst wurden.
Einerseits ginge es um die Auslotung des methodischen Reizes, mit dem ein synchroner Querschnitt unterschiedlicher Textsorten aufwarten kann. Wie (leicht) lassen sich im Zeichen der kulturellen Wende unterschiedliche Gattungen um ein Jahr bzw. um ein zeitspezifisches Phänomen gruppiert interpretieren, was bedeutet in diesem Fall die Neuauflage der Kulturgeschichte, wenn zusätzlich die Frage der Aktualisierung zu beachten ist.
Andererseits wäre uns die Fokussierung auf jene instrumentalisierenden Maßnahmen von Belang, die die Aktualität vermehrt als Anlass der Legitimierung dienstbar machen. Dies wäre selbstredend mit der Frage zu verbinden, ob es ein "Außerhalb" denkbar ist, d.h. inwiefern sich Optionen auftun, um von "Gegenerinnerungen" sprechen zu können. Was heißt in diesem Zusammenhang die mediale Vielfalt der Gedächtniskonstruktionen im Bereich der Neuen Medien von Mittel- und Südosteuropa, die zwischen staatlichen und kommerziellen Funktionen pendeln bzw. sich als "Nein" auf beide Richtungen zu platzieren versuchen? Inwiefern zeichnet sich eine Tendenz ab, gerade anlässlich der Wendejahre/Jahrestage eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen, die etwa die Logik der 1980er evoziert? Wie kann man mit den zumindest in Ungarn spürbaren Tendenzen Richtung Klassizisierung der Gedächtniskultur umgehen?
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Budapest

The M1-line so is a memento to both: a liberal mayor (for what Budapest was capable of) and the Siemens company, who more than a hundred years ago was capable of producing faultless underground trams (not like today's Combino crap...)


Du warst unpersönlich wie die anderen bebrillten Führer
im Sakko, deine Stimme war nicht metallen,
denn du wußtest nicht, was du eigentlich sagen solltest,
so unvermittelt den vielen Versammelten. Gerade das Plötzliche
war ungewohnt für dich. Du alter Mann mit dem Zwicker,
ich hörte dich, ich war enttäuscht.
Ich wußte noch nichts
vom Betonhof, wo der Staatsanwalt
das Urteil gewiß heruntergeleiert hat,
ich wußte noch nichts von der groben Reibung
des Stricks, von der letzten Schmach.
Wer will sagen, was sagbar gewesen wäre
von jenem Balkon aus, Möglichkeiten, unter Maschinengewehren
verfeuert, kehren nicht zurück. Gefängnis und Tod
wetzen die Schärfe des Augenblicks nicht aus,
wenn der eine Scharte bekommen hat. Aber wir dürfen uns erinnern
an den zögernden, verletzten, unentschlossenen Mann,
der gerade seinen Platz zu finden schien,
als wir davon aufwachten,
daß man unsere Stadt zerschoß.
Übersetzt von Hans-Henning Paetzke

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