Wahlen 2006 - Part 5

posted by BR on 2006/03/09 19:23

[ Wahlen 2006 ]

Weiter nichts wirklich Neues aus dem Wahlkampf: Allein die Börse scheint mitzukämpfen, wenn der BUX-Index sinkt und der Forint ebenso. Klar, das Kapital signalisiert, dass mit der kommenden Regierung das Budgetdefizit gesenkt werden muss. Kein Gelaber: "Gürtel enger schnallen." Viel skandalöser als der ganze Wahlkampf: Das Oberste Gericht hat erkannt, die Verurteilung des Mörders von Endre Ságvári, eines kommunistischen Widerstandskämpfers, der 1944 nach der NS-Besetzung Ungarns sich seiner Festnahme durch Schüsse entziehen wollte, aber selbst tödlich getroffen wurde, sei widerrechtlich gewesen: Der Ex-Gendarm war 1957 nach der Niederschlagung der Revolution 1956 im nachhinein zum Tode verurteilt worden – allen Rechtsprinzipien zum Trotz. Der Philosoph Gáspár Miklós Tamás bezweifelt die rechtliche Sauberkeit dieses Spruchs nicht, stellt aber in der heutigen Népszabadság die Frage, ob denn damit die Republik Ungarn nicht den antifaschistischen Konsens dieser zerstört habe (denn 1944 sei der Widerstand gegen ein Regime, das Hundertausende Menschen in die Gaskammern geschickt hatte und gerade schickte, wohl legitim gewesen). Und mit dem gleichen Argument – der Gendarm hätte "nur" in Erfüllung seiner Dienstpflicht gehandelt – könnte man wohl die ganze Repression nach 1956 legitimieren bzw. jede staatliche Repression. Ungarn war aber in beiden Fällen ein Unrechtsstaat, es gebe kein "Dienstpflicht". Na, das kenn man ja in Österreich.

Die schöne Nachricht von heute: Pisti wurde Sándor Petőfi (siehe unten). Ja derfen's denn des?, fragt man sich, darf man die Ikone von 1848 im Wahlkampf benutzen? Also, i find des super. Ja, und mit Kossuth und Batthyhány taten sie dasselbe, und die Familien regen sich schon auf. "Das ist brutal", hätte Quasi gesagt.

http://kakanienneu.univie.ac.at/static/files/27284/psiti48.jpg


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Budapest

A picture from the heydays of liberal Budapest - when a whole (though short) underground line could be built within two years. And M1, the famous "Földalatti", Budapest's yellow line, still works. I have never seen this image of the construction on Andrássy before, so be full of admiration - and I am not telling your where it is from...

The M1-line so is a memento to both: a liberal mayor (for what Budapest was capable of) and the Siemens company, who more than a hundred years ago was capable of producing faultless underground trams (not like today's Combino crap...)

Budapest has – together with St. Petersburg and Vienna – one of the largest tramway networks of the world. The tramway type "UV" – standing for "Új villamos - New tramway" and pictured above – was designed in the early forties and is still a symbol for Hungary's once high-tech railway-carriage industry. With the arrival of the new low-floor-trams in spring 2006 – built by Siemens in Vienna and not too beautiful – this landmark of Budapest will vanish from the cityscape.
György Petri: Imre Nagy

Du warst unpersönlich wie die anderen bebrillten Führer
im Sakko, deine Stimme war nicht metallen,
denn du wußtest nicht, was du eigentlich sagen solltest,
so unvermittelt den vielen Versammelten. Gerade das Plötzliche
war ungewohnt für dich. Du alter Mann mit dem Zwicker,
ich hörte dich, ich war enttäuscht.
Ich wußte noch nichts

vom Betonhof, wo der Staatsanwalt
das Urteil gewiß heruntergeleiert hat,
ich wußte noch nichts von der groben Reibung des Stricks, von der letzten Schmach.

Wer will sagen, was sagbar gewesen wäre
von jenem Balkon aus, Möglichkeiten, unter Maschinengewehren
verfeuert, kehren nicht zurück. Gefängnis und Tod
wetzen die Schärfe des Augenblicks nicht aus,

wenn der eine Scharte bekommen hat. Aber wir dürfen uns erinnern
an den zögernden, verletzten, unentschlossenen Mann,
der gerade seinen Platz zu finden schien,

als wir davon aufwachten,
daß man unsere Stadt zerschoß.

Übersetzt von Hans-Henning Paetzke

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