Wahlen 2006 - Part 16
[ Wahlen 2006 ]
Hysterien und FiesesDer Wahlkampf ist bis jetzt ruhig verlaufen: Heute hat Ministerpräsident Gyurcsány mit steinerner Miene verkündet, laut den gesicherten Informationen des slowakischen Geheimdienstes (hatten die nicht einmal einen Politikersohn verprügelt? Sind aber inzwischen sicher andere, haha) würden drei Kriminelle für die am Wochenende anberaumten Großversammlungen von FIDESZ und MSZP Bombenanschläge vorbereiten. Schon die Vorbereitungen zu diesen Versammlungen selbst waren von einem Parteienstreit begleitet. Gyurcsány hatte für den 2. April zu einer Schutz- und Trutzkundgebung für die Republik aufgerufen, Orbán für denselben Tag eine Versammlung für die ungarische Solidarität. In erster Linie die Medien entfachten daraufhin eine Hysterie, es könnte zu schweren Ausschreitungen kommen, woraufhin Gyurcsány sehr werbewirksam seine Veranstaltung auf den 1. April verlegte. Auch ausgesprochenes Motto: "Der Klügere gibt nach..." Die kleinen Parteien lehnten Versammlungen dieser Art ab ovo ab (könnten wohl auch nicht so Viele mobilisieren) – SZDSZ ruft auf an diesem Tag Hausfeste zu veranstalten und nicht hinzugehen (ich gehe auch einen heben...)
Ich weiß ja nicht was an diesen Bombendrohungen dran sind, aber es hilft auf jeden Fall der Regierung, wir wissen ja: im Bedrohungsfall schart man sich um den Führer. Es gibt also wieder Diskussionsstoff um nicht über das Wesentliche reden zu müssen...
Fieses
Ich muss ja ehrlich sagen, dass mir hier im Wahlkampf, die die mir näher stehen mehr auf die Nerven gehen, als die anderen. Man könnte jetzt wieder schreiben, was Mikola und sein neuer Partner Zsolt Semjén zusammenfaseln: Aber ist das interessant? Gut, es ist witzig, wenn Mikola seinen Rundumschlag macht. Jetzt z. B. sagt er, dass wenn er in der Schule unschön geschrieben habe, habe er einfach eine "Detschn" bekommen, und dann war alles OK. Heute würde man solche Kinder "zum Psychiater" schicken. Semjén von den Christdemokraten (das ist eine Gruppe, die sich so nennt, aber de facto eine Satellitenpartei der FIDESZ ist) wiederum seiert über die Schwulen.
Eigentlich ist das alles nicht mehr der Rede wert: Ich traue der ungarischen Gesellschaft viel zu, aber ich glaube trotzdem, dass es niemand mehr gutheißt, dass ein Lehrer die Kinder in der Schule schlägt - das erledigt man und frau zu Hause selbst, mit dem Schwulsein zusammen, so meines Erachtens die Mehrheit der ungarischen Gesellschaft.
Ärgerlich ist hier nur mehr die Népszabadság, die Zeitung, die ja trotzdem die Sozizeitung ist, Ex-KP, sagen wir es offen. Jeden Tag hat sie inzwischen Schlagzeilen, wie erfolgreich diese Regierung sei: Heute wieder, dass irgendeine Autobahn um 19 Kilometer verlängert worden ist... morgen, dass ein großes Wasserklärwerk eröffnet wurde, wie zu den seligen Zeiten des Fünfjahresplans. Lang lebe unsere Partei.
Das Fieseste war aber heute die Berichterstattung über die Schwulenäußerung Semjéns: Da wurde gleich Europa eingeschaltet, dass die EU so was nicht vertrage (Ungarn etwa schon?), und dass József Szajer (ungarischer Fraktionsvorsitzender der Konservativen im Europaparlament) auffallend schweige, während Csaba Tabajdi (MSZP-Fraktionsvorsitzender im Europaparlament) eine Distanzierung von Orbán erwarte. Kein Problem damit, wenn man die Fraktionsvorsitzenden aller im EP vertretenen ungarischen Parlamentsparteien zu den Äußerungen befragt, allein die beiden anderen Parteien – SZDSZ und MDF – fehlen in dem Bericht. Nun, erst, wenn man weiß, welche Gerüchte seit Jahren über diese beiden Politiker im Umlauf sind, versteht man das Fiese und die Feststellung, dass Szájer "auffallend" schweige...
Natürlich, stimmt schon, die Äußerungen von Zsolt Bayer (bei einer Versammlung in Hódmezővásárhely, nein, nein, nicht –kutasipuszta), Einpeitscher von rechts außen und Publizist des Haus- und Hofblattes der FIDESZ, Magyar Nemzet(kein link, wer das lesen will, soll selber suchen) muss man sich natürlich auf der Zunge zergehen lassen: "Lieber sechstausend Sozi als ein SZDSZler, und – so zitiert Népszabadság
"würde der für einen Liberalen gehaltene Oliver Cromwell wiederauferstehen und ihn der heute für einen liberalen Politiker gehaltene Oberbürgermeister von Budapest Gábor Demszky empfangen, um ihn zum am Gay-Pride-Day gehaltenen Umzug mitzunehmen, wo 'dreißigtausend in rosa Ledertangas gekleidete Schwuchteln aufmarschieren, würde Oliver Cromwell aus jedem einzelnen Gulaschfleisch machen und sie auf seinem Schwert aufspießen."So, jetzt müssen nur mehr Mária Schmidt vom Haus der Terrors und László Kövér für die FIDESZ auftreten – erstere wollte im letzten Wahlkampf irgendjemanden "wie einen tollen Hund abknallen", letzter "irgendjemand hängen" – und schon sind wieder drei Prozent weg.
Trotzdem ist das Verhalten der MSZP ärgerlicher, ja wie Gáspár Miklós Tamás in der letzten ÉS sagte: eine linke Partei muss her.
Unten nur das Bild wie die Internetzeitschrift "index" die Nachricht über einen möglichen Bombenanschlag bei den kommenden Großveranstaltungen illustriert. Soviel zur Verantwortung...
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Budapest
The M1-line so is a memento to both: a liberal mayor (for what Budapest was capable of) and the Siemens company, who more than a hundred years ago was capable of producing faultless underground trams (not like today's Combino crap...)
Du warst unpersönlich wie die anderen bebrillten Führer
im Sakko, deine Stimme war nicht metallen,
denn du wußtest nicht, was du eigentlich sagen solltest,
so unvermittelt den vielen Versammelten. Gerade das Plötzliche
war ungewohnt für dich. Du alter Mann mit dem Zwicker,
ich hörte dich, ich war enttäuscht.
Ich wußte noch nichts
vom Betonhof, wo der Staatsanwalt
das Urteil gewiß heruntergeleiert hat,
ich wußte noch nichts von der groben Reibung
des Stricks, von der letzten Schmach.
Wer will sagen, was sagbar gewesen wäre
von jenem Balkon aus, Möglichkeiten, unter Maschinengewehren
verfeuert, kehren nicht zurück. Gefängnis und Tod
wetzen die Schärfe des Augenblicks nicht aus,
wenn der eine Scharte bekommen hat. Aber wir dürfen uns erinnern
an den zögernden, verletzten, unentschlossenen Mann,
der gerade seinen Platz zu finden schien,
als wir davon aufwachten,
daß man unsere Stadt zerschoß.
Übersetzt von Hans-Henning Paetzke
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