Emergenzen 5 - Part 2

posted by Amalia Kerekes on 2007/08/23 20:04

[ Emergenzen 5 ]

In der Reihe zum Budapester Workshop Emergenzen 5 als nächstes das Abstract zum Vortrag von Sabine Zelger mit dem Titel Wissen durch Störung. Das frühe Telefon in Bericht und Literatur.

Als Abfallsprodukt naturwissenschaftlicher Forschung verschiedener Länder ist das Telefon von Anfang an ausgesprochen offen für eine Bandbreite an Adaptionen in verschiedenen Ländern: Es fungierte als Jahrmarktsensation in Deutschland, als Nachrichtengerät in Ungarn, als Opernradio auf diversen Weltausstellungen, als Klingel für das Hauspersonal, als Medium für Befehle. Auch der wechselseitige kommunikative Gebrauch, der schließlich einsetzte, ist gekennzeichnet durch große kulturelle und nationale Unterschiede - in Dauer, Häufigkeit, Motive des Telefonierens - was nur unwesentlich von den technischen Möglichkeiten bedingt war. Das heißt, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen in verschiedenen Ländern quasi gleichzeitig eminent voneinander abweichende Telefonkulturen hervorbrachten, obwohl die technischen Möglichkeiten ähnlich waren.

Leider hat die frühe Entwicklungs- und Aneignungsgeschichte des Telefons die zeitgenössische Forschung und Publizistik wenig interessiert. Als funktionstüchtiges Medium traten das Gerät und seine Nutzung aus dem Blickfeld, jenseits technischer Daten der Verbreitung oder Vermittlung blieb es uninteressant.

Als umso spannender erweisen sich Berichte für Behörden und literarische Texte, in denen über Störungen, Behinderungen, Verzögerungen das (spärliche) Wissen um das Gerät und seine Nutzungsvielfalt zugänglich wird. Oft löst erst das mangelnde Funktionieren Reflexionen aus, wirft Fragen zu technischen Details oder Gebrauchsformen auf. Über die Beschreibung, Behebung, Rechenschaft kristallisiert sich in beiden Textsorten eine Vielzahl an Projektionen heraus, kulturelle, nationale und gesellschaftliche Differenzen werden konstruiert, selektive und distinktive Mechanismen zeichnen sich ab. Sie gilt es in meinem Beitrag in ihren jeweiligen Textspezifika sichtbar zu machen.

Anhand exemplarischer Berichte, etwa zu Münzfernsprecher oder Telefonnetzen, sowie ausgewählter literarischer Textstellen aus der Frühzeit des Telefons soll gezeigt werden, wie das Wissen um das Telefon in seiner Medialität, in seiner Beschränktheit oder Offenheit und in seinem sich wandelnden Gebrauch organisiert ist oder erweitert wird und worauf die Schreibweisen fokussieren: auf die Herstellung oder Demontage länder- und klassenspezifischer Hierarchien, auf subversive oder kommerzielle Aspekte, die die Hierarchien unterwandern oder auf den Rückzug in ein magisches Zeitalter, in dem das angeeignete Wissen als Relikt fungiert und fantastische Szenarien produziert.


Antworten

Budapest

A picture from the heydays of liberal Budapest - when a whole (though short) underground line could be built within two years. And M1, the famous "Földalatti", Budapest's yellow line, still works. I have never seen this image of the construction on Andrássy before, so be full of admiration - and I am not telling your where it is from...

The M1-line so is a memento to both: a liberal mayor (for what Budapest was capable of) and the Siemens company, who more than a hundred years ago was capable of producing faultless underground trams (not like today's Combino crap...)

Budapest has – together with St. Petersburg and Vienna – one of the largest tramway networks of the world. The tramway type "UV" – standing for "Új villamos - New tramway" and pictured above – was designed in the early forties and is still a symbol for Hungary's once high-tech railway-carriage industry. With the arrival of the new low-floor-trams in spring 2006 – built by Siemens in Vienna and not too beautiful – this landmark of Budapest will vanish from the cityscape.
György Petri: Imre Nagy

Du warst unpersönlich wie die anderen bebrillten Führer
im Sakko, deine Stimme war nicht metallen,
denn du wußtest nicht, was du eigentlich sagen solltest,
so unvermittelt den vielen Versammelten. Gerade das Plötzliche
war ungewohnt für dich. Du alter Mann mit dem Zwicker,
ich hörte dich, ich war enttäuscht.
Ich wußte noch nichts

vom Betonhof, wo der Staatsanwalt
das Urteil gewiß heruntergeleiert hat,
ich wußte noch nichts von der groben Reibung des Stricks, von der letzten Schmach.

Wer will sagen, was sagbar gewesen wäre
von jenem Balkon aus, Möglichkeiten, unter Maschinengewehren
verfeuert, kehren nicht zurück. Gefängnis und Tod
wetzen die Schärfe des Augenblicks nicht aus,

wenn der eine Scharte bekommen hat. Aber wir dürfen uns erinnern
an den zögernden, verletzten, unentschlossenen Mann,
der gerade seinen Platz zu finden schien,

als wir davon aufwachten,
daß man unsere Stadt zerschoß.

Übersetzt von Hans-Henning Paetzke

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