Europhorie 08
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Obiger Titel stammt aus der österreichischen Wochenzeitung Die Furche und überschreibt ein Dossier derselben, das sich mit der kommenden Europameisterschaft auseinandersetzt. Und einmal ganz abgesehen davon, dass der einleitende Text ein gewisses Bändchen nicht so schlecht wegkommen lässt, lesen sich sowohl dieser Beitrag als auch die ho. in der Folge zu nennenden durchwegs gut und informativ:
- Michael Krassnitzer: Wo Denker noch an Wunder glauben
- Eva Kreisky im Gespräch mit Doris Helmberger: "Frauen sind nur Eskorte"
- Doris Helmberger: Brodeln an der "Uschifront"
- Thomas Mündle: K(l)eine Chance für Österreich
- Stefan Szymanski im Gespräch mit Thomas Mündle: "Klare Steigerung des Glücks"
Michael Krassnitzer schreibt ja:
Den Fußballfans unter den Künstlern und Intellektuellen geht es im Grunde nur um das Spiel, die literarischen Texte und Multimediaperformances sind ihrer Berufung geschuldete Draufgaben. In Wirklichkeit zählt nur das Runde, das ins Eckige muss. Alles andere ist primär, um Hans Krankl zu zitieren. Auch Künstlern und Intellektuellen geht es um die kindliche Freude am Spiel, den – meist unerfüllten – Bubentraum, einmal alle anderen zu überdribbeln und den Ball unhaltbar ins Kreuzeck zu knallen. Das Fußballstadion ist auch der letzte verbliebene Ort der Welt, wo rationale Menschen noch an Wunder glauben dürfen. Es gehört zur Faszination dieses Sports, dass die – auf dem Papier und auf dem Platz – schlechtere Mannschaft einen übermächtigen Gegner schlagen kann: ein Dorfklub eine Bundesligamannschaft, Sturm Graz Arsenal London, wie im Messestädte-Cup 1970/71 geschehen.
Und schließlich sind es das rauschhafte Kollektiverlebnis und die gemeinschaftliche Ekstase, von der sich auch Künstler und Intellektuelle gerne mitreißen lassen. Inmitten einer jubelnden, singenden
Masse zu stehen und womöglich den Sieg des als eigenes betrachteten Teams mitzuerleben – da ist die kritische Haltung gegenüber dem Kollektiv, die man noch am Vorabend bei einer Podiumsdiskussion über die Gefahr eines neuen Faschismus vorgetragen hat, wie weggeblasen.
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Senior Editor
(Weitere Informationen hier)
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
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