Ein Literat und Gentleman: Kurt Wolff

posted by PP on 2007/12/24 19:23

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Das Literaturhaus in Wien zeigt ab 15. Jänner 2008 die erste umfassende Ausstellung - kuratiert von Barbara Weidle - über eine der bedeutensten deutschen Verlegerpersönlichkeiten: Kurt Wolff (1887-1963). Aufbereitet wurden und präsentiert werden sein vielfältiges Wirken und sein Einfluss auf die Literatur- und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Zu sehen sind rund 300 teilweise erstmals öffentlich gezeigte Exponate - darunter Fotos, Briefe, historische Tondokumente, Erstausgaben, aufwändig gestaltete Kunstbände und hochklassige Grafiken.

Überdies erschien ein Begleitbuch zur Ausstellung, das u. a. unveröffentlichte Briefe und Tagebuchaufzeichnungen von Kurt Wolff sowie ein Gespräch mit seinem Sohn, dem Komponisten Christian Wolff, enthält.

KURT WOLFF war einer der bedeutendsten deutschen Verleger des 20. Jahrhunderts und gilt gemeinhin wie mit gutem Recht als der Verleger des deutschen Expressionismus. Gustav Meyrinks "Der Golem" wurde durch ihn zum Bestseller und Kultbuch. Ganz abgesehen davon seien genannt: Heinrich Mann, Franz Kafka, Emmy Hennings, Georg Trakl,... Oder Künstler: Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff,...

 

Franz KAFKA: Die Verwandlung. Leipzig. Kurt Wolff Verlag 1916 (Der Jüngste Tag. 22/23.) Umschlagillustration von Ottomar Starke (Sammlung Helmut Braun, Neunkirchen)

 

Im US-amerikanischen Exil verhalf er nach 1945 mit seinem Verlag Pantheon Books europäischen Autoren - etwa Boris Pasternak mit "Dr. Schiwago" oder Günter Grass mit "Die Blechtrommel" - zu Weltruhm.

Die Ausstellung "Ein Literat und Gentleman" ist eine Koproduktion des August Macke Hauses Bonn, der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt und des Literaturhauses in Wien; sie wurde bislang in der Deutschen Nationalbibliothek zu Frankfurt/Main gezeigt und dokumentiert wie oben erwähnt erstmals in über 300 Exponaten die bedeutende literarische und buchkünstlerische Leistung von Kurt Wolff. Eine Zusammenstellung von historischen Tonbeispielen - etwa "Kurt Wolff erinnert sich an Lou Andreas Salomé" - ergänzt die Schau.

 

Kurt WOLFF im franzöischen Exil, späte 1930er Jahre (Sammlung Christian Wolff, Hanover, NH)

Verwiesen sei überdies noch einmal auf den reichhaltigen Sammelband zur Ausstellung:

Barbara Weidle (Hrsg.): Kurt Wolff. Ein Literat und Gentleman. Bonn: Weidle 2007, 292 pp.

Eine Besprechung desselben von Hermann Schlösser findet sich im Fachbuchmagazin des Literaturhauses. Weitere Pressestimmen gibt es auf der Website des Verlags.

 

Else LASKER-SCHÜLER: Illustrierte Postkarte an Kurt WOLFF, 1914 (Kurt Wolff Archive, Beinecke Rare Books and Manuscript Library, Yale, New Haven)

 

Öffnungszeiten der Ausstellung:
Montag und Mittwoch 09.00 - 17.00 Uhr,
Dienstag 09.00 - 19.00 Uhr
Freitag 09.00 - 15.00 Uhr (Eingang jeweils Seidengasse 13)
sowie während den Abendveranstaltungen (Eingang: Zieglergasse 26A)

 

Veranstaltungen während der Ausstellung: 

Dienstag, 15. Januar 2008, 19.00 Uhr: Ausstellungseröffnung - Ein Literat und Gentleman. Der Verleger Kurt Wolff. Es sprechen:

  • KD Wolff (Stroemfeld Verlag, Frankfurt/M.), Träger des Kurt Wolff-Preises 2007: Von Kafka zu Wolff zu Wolff und Kafka ...
  • Josef Smolen (Mediziner und Sammler, Wien):  "Der Jüngste Tag" und mehr. Anmerkungen eines Sammlers und Bibliografen
  • Einführung in die Ausstellung: Barbara Weidle (Kuratorin, Bonn)

Donnerstag, 17. Januar 2008, 19.00 Uhr: Vortrag und Lesung                    

  • Hermann Schlösser: Eine unfaßbare Sehnsucht nach Glühendem. Der Expressionist Kasimir Edschmid

Kasimir Edschmid (1890-1966) hat sich seinen frühen Ruhm mit den expressionistischen Erzähltexten "Die sechs Mündungen" und "Das rasende Leben" erworben, die 1915 und 1916 bei Kurt Wolff erschienen sind.
Hermann Schlösser, Literaturwissenschaftler, Publizist und Edschmid-Biograph, stellt die Texträusche und Wortekstasen dieser Novellen vor.
Hermann Schlösser, Dr. phil., geb. 1953 in Worms, arbeitet als Redakteur der "Wiener Zeitung" in Wien. Neueste Buchpublikationen: "Kasimir Edschmid. Expressionist - Reisender - Romancier" (Aisthesis, 2007), "Heilige Scheine. Marco d'Aviano, Engelbert Dollfuß und der österreichische Katholizismus" (Promedia, 2007).


Donnerstag, 14. Februar 2008, 19.00 Uhr: Vortrag und Lesung

  • Julian Schutting liest Mechtilde Lichnowsky

Die "bayerisch-aristokratische" (Julian Schutting) Erzählerin, Theaterautorin und Essayistin Mechtilde Lichnowsky (1879-1958) war nicht nur eine langjährige Freundin und künstlerische Mitarbeiterin von Karl Kraus, sondern ist vor allem eine sprachmächtige Schriftstellerin, die es wiederzuentdecken gilt. Ihr literarisches Debüt feierte sie 1914 mit "Götter, Könige und Tiere in Ägypten" im Kurt Wolff Verlag. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme weigerte sie sich, der Reichsschrifttumskammer beizutreten, ihre Werke wurden daraufhin verboten. Zum 50. Todestag erscheint im Löcker Verlag eine Neuauflage ihres Romans "Geburt" von 1921.
Julian Schutting stellt seine Lieblingsdichterin vor und zeigt an Beispielen aus dem Werk, worin das Faszinierende dieser Autorin liegt.
Julian Schutting, geb. 1937. Verfasser von Lyrik, Prosa und Hörspielen. Mitglied der Grazer Autorenversammlung. Werke zuletzt; „Tanzende. Ein Dilettant über eine schöne Kunst“ (2005),  „Übereinstimmungen“ (2006), „Zu jeder Tageszeit“ (2007).


Donnerstag, 28. Februar 2008, 19.00 Uhr: Filmpräsentation und Podiumsgespräch

  • Phaidon. Verlegen im Exil

Bis heute hat der Name Phaidon Verlag einen klingenden Namen in der Kunstbuchszene. Sein erfolgreichster Titel, "The Story of Art" von E. H. Gombrich, erreichte seit 1950 eine Gesamtauflage von über sieben Millionen und Übersetzungen in 30 Sprachen. Doch ist diese Erfolgsgeschichte mit Gewalt, Flucht und Vertreibung aufs Engste verbunden. 1923 in Wien von Béla Horovitz und dem Kunsthistoriker Ludwig Goldscheider gegründet, hatte sich das Unternehmen der Produktion hochwertiger (Kunst-)Bücher zu bezahlbaren Preisen verschrieben. Durch den hellsichtigen Verkauf seiner Firma an den Londoner Verlag George Allen & Unwin im März 1938 konnte Horovitz seine Firma vor dem NS-Zugriff retten und sich im Exil eine berufliche Perspektive und später internationale Anerkennung sichern.
Der Film "Phaidon. Verlage im Exil. Presses in Exile" (A 2006) von Klub Zwei ist kein historisches Verlagsporträt, sondern ein exemplarisches filmkünstlerisches Statement über die durch den Nationalsozialismus verursachten, nicht "wiedergutzumachenden" Leerstellen, über Verluste an Menschen und kulturellen Ressourcen.
Anschließend Podiumsgespräch mit Elly Miller, der Tochter von Béla Horovitz und selbst Verlegerin, und dem Buchwissenschaftler Ernst Fischer.
Elly (Else) Miller, geb. 1928 in Wien. 1938 Emigration über Italien, die Schweiz und Holland  nach Großbritannien. Heirat mit dem Kunstbuchverleger Harvey Miller.
Ernst Fischer, geb. 1951 in Wien. Professor am Institut für Buchwissenschaft der Universität Mainz.  Forschungsschwerpunkte auf Buchhandelsgeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts, Buchgestaltung und Verlagsgeschichte des Exils.
Klub Zwei: Simone Bader (geb. 1964 in Stuttgart) und Jo Schmeiser (geb. 1967 in Graz) arbeiten seit 1992 als Künstlerinnenkollektiv an der Schnittstelle von Kunst, Film und neuen Medien. Filme/Videos (Auswahl): Things. Places. Years. (2004); response ability/antworten können (2006).

Die Veranstaltung entsteht in Zusammenarbeit mit SYNEMA – Gesellschaft für Film und Medien und sixpackfilm. Unterstützt von der Gesellschaft der Freunde der Österreichischen Exilbibliothek,
 


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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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