Bücher | Books - Part 85

posted by PP on 2006/07/11 11:37

[ Bücher | Books ]

"[E]in gelungenes Beispiel einer interdisziplinär motivierten Stadtforschungsarbeit zur Transformation der Stadt Moskau" nennt Silke Steets in ihrer Rezension die Studie
Cordula Gdaniec: Kommunalka und Penthouse. Stadt und Stadtgesellschaft im postsowjetischen Moskau. Münster: LIT-Verlag 2005 (Zeithorizonte 10), 224 pp.
[ISBN 3-8258-6968-7; EUR 25,90,-]
Die Stadtforschung über Osteuropa ist seit den 1990er-Jahren maßgeblich durch die These des Historikers Karl Schlögel geprägt: Er spricht von einer "Wiederentdeckung der Städte", während allerorten deren Verlust beklagt wird. Osteuropäischen Städten kommt seiner Meinung nach die Rolle zu, einen Rahmen für neue Formen der Identitätsfindung im Prozess der Transformation dieser östlichen Länder Europas bereitzustellen. Dies erfolgt im Rückgriff auf historische Muster und Narrative, lässt aber außer Acht, dass damit ein städtischer Integrationsmodus greift, der zunächst auch Verdrängung bestehender sozialer Milieus voraussetzt. In deren Folge errichten bspw. in Russlands Städten punktuell so genannte "Neue Russen" innerstädtische gated communities und prägen in der Folge einen neuen Stadtraumtypus post-sozialistischer Art, wie er sich ebenso in westlichen Städten zu erkennen gibt. Des Weiteren erfolgt auch ein Rückgriff auf das Modell und die symbolischen wie architektonischen Repräsentationen der europäischen Stadt. Und schließlich werden osteuropäische Städte parallel zu diesen Entwicklungen mit einer Mixtur aus "Turbokapitalismus" und "poststalinistischer Planwirtschaft" konfrontiert. Moskau ist ein zentraler Referenzpunkt, an dem sich überlagernde Stadtentwicklungsprozesse exemplarisch nicht nur emphatisch, sondern auch empirisch untersucht werden können.
Für die präzisere Beschreibung dieser komplexen Entwicklungsdynamiken leistet die Studie der durch die britische Stadt- und Sozialgeografie geprägten Cordula Gdaniec am Fall Moskaus einen wichtigen Beitrag. Gdaniec nimmt in ihrem Dissertationsprojekt den Wandel von Stadtlandschaft und Stadtgesellschaft im postsowjetischen Moskau in den Blick. In der sehr kenntnis- und detailreichen Arbeit gelingt es ihr, die vielfältigen Brüche dieses Wandlungsprozesses zu Tage zu fördern und zu einem besseren "Verständnis" von Moskau beizutragen (S. 9). Gdaniec beobachtet Moskau bei vielen Besuchen und Aufenthalten über einen Zeitraum von 14 Jahren, wobei sich ihre empirischen Erhebungen auf die Zeit zwischen 1995 und 1999 konzentrieren. Dieser – für ein Dissertationsprojekt ungewöhnlich – lange Untersuchungszeitraum ist ein großer Pluspunkt der Arbeit. [...]
Obwohl die ethnografische Untersuchung des Ostoschenka-Viertels [...] den empirischen Kern der Arbeit ausmacht, ist es Gdaniec’ Ziel, eine "anthropology of the city" zu schreiben, das heißt, die Stadt Moskau selbst zum Gegenstand der Untersuchung zu machen. Anders als viele ethnografische Studien in Städten, die eine abgrenzbare, überschaubare und in sich homogene Gemeinschaft in einem Stadtviertel in den Blick nehmen – wie dies beispielsweise viele Studien in der Tradition der Chicago School of Urban Sociology tun – steht bei Gdaniec das im Mittelpunkt, was Rolf Lindner die Kultur oder den Habitus der Stadt genannt hat. Ein solches Vorgehen impliziert einen Raumbegriff, der über den Containerraum (eines Stadtviertels) hinausgeht und vielfältige Bezüge auf räumlichen Ebenen unterschiedlicher "scales" (von global über national, regional bis hin zu lokal) ermöglicht, denn das Spezifische einer Stadt oder eines Ortes zeigt sich (so man keine Vergleichstudie macht) in der Art, wie "global flows" und "local cultures" dort zusammenkommen.[7]

Antworten

Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
> RSS Feed RSS 2.0 feed for Kakanien Revisited Blog Senior Editor

Calendar

Links