Fundstücke | Finds - Part 59
posted by peter on 2007/07/24 19:24
[ Fundstücke | Finds ]
Folgende Hinweise liegen nun schon eine ganze (viel zu lange Weile) bei mir auf Halde und haben doch m.b.E. Anspruch auf etwas mehr Aufmerksamkeit (die folgenden Ordnungsziffern dienen allein der Orientierung in weiterer Folge):
- Juliane Haubold (Centre Marc Bloch, Humboldt-Universität zu Berlin) rezensiert
Ruhrgebiet - Oberschlesien. Stadt Region Strukturwandel. Hg. v. Arbeitskreis Ruhrgebiet-Oberschlesien. Essen: Klartext 2006, 367 pp.
[ISBN: 3-89861-478-6; EUR 24,90,-] - Der FWF vergibt seit einiger Zeit vermehrt die Möglichkeit für Selbstanträge Promovierter. Der Präsident der FWF erläutert nun genauer, warum und weshalb diese Fördermaßnahme ihm ein besonderes Anliegen ist.
- Im Rahmen seiner internationalen und interdisziplinären Sommerakademie über Multiethnizität im lokalen Raum. Europäische Städte im 19. und 20. Jahrhundert im Vergleich lädt das Herder-Institut zu einer Reihe von öffentlichen Vorträgen ein.
- Martin Aust rezensiert
Plokhy, Serhii: The Origins of the Slavic Nations. Premodern Identities in Russia, Ukraine and Belarus. Cambridge: University Press 2006, 379 pp.
[ISBN: 0-521-86403-8; EUR 75,50,-] - Gary B. Cohen (University of Minnesota) berichtet von der Tagung Borderlands. Ethnicity, Identity and Violence in the Shatter-Zone of Empires Since 1848 (17.-20.05.2007)
- Kurt Scharr berichtet von der Konferenz Der Kleine und der Große Lebensraum. Siebenbürgen und die Habsburgermonarchie 1848-1918 (07.-10.06.2007)
- Haubold: "Die Kohle- und Industriereviere Ruhrgebiet und Oberschlesien verbindet nicht nur ihre industrielle Geschichte, sondern auch ein Migrationszusammenhang: Seit dem Aufstieg des Ruhrgebiets zum führenden Industriegebiet des Deutschen Reiches wanderten deutsch- wie polnischsprachige Oberschlesier ins Ruhrgebiet, um dort zu arbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich im Ruhrgebiet viele von den aus Polen zwangsausgesiedelten „deutschen“ Oberschlesiern sowie spätere Aussiedler aus Oberschlesien an. Die strukturelle Ähnlichkeit der beiden Territorien sowie ihre historischen Verbindungen lassen es sinnvoll erscheinen, sozial-, wirtschafts- und stadthistorische Untersuchungen vergleichend zu unternehmen. [...]
Insgesamt ist der Tagungsband vor allem eine Fundgrube an Informationen über Städtebau und die Bewahrung der Industriedenkmale. Es fehlt jedoch eine Einleitung, die die verschiedenen Teile der Tagung stärker miteinander verknüpft und in einen Zusammenhang gebracht und erläutert hätte, was die vergleichende Perspektive als Ergebnis gebracht hat." - Kratky: "Vielleicht erinnern Sie sich, dass ich letztes Jahr einen Artikel über Schutzmantel-Madonnen geschrieben habe. Es ging unter anderem darum, dass wir darauf hinarbeiten müssen, jungen WissenschafterInnen frühzeitig den Schritt in die Selbstständigkeit zu ermöglichen, wozu der Selbstantrag in vielen Fällen ein probates Instrument darstellen kann. [...]
Universitäten mit wissenschaftlichem Ehrgeiz sind gut beraten, WissenschafterInnen erst dann in ein unbefristetes Dienstverhältnis zu übernehmen, wenn diese ihr wissenschaftliches Potenzial nachgewiesen haben. Hierzu könnten Universitäten von BewerberInnen verlangen, sich eine Zeit lang über Selbstanträge zu finanzieren, um den Nachweis eigenständiger wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit zu erbringen." - Im Laufe der zweiten Augusthälfte geht es u.a. um Stand und Perspektiven der Stadt- und Urbanisierungsgeschichte Europas im 19. und 20. Jahrhundert, Urbanisierung und die Kritik am Paradigma, Lódz und Manchester im Vergleich, Berlin Nekropolis. Zur histoire croisée post-katastrophischer Urbanität, Lokale Verwaltung und Modernisierung in einer multiethnischen Stadt: Lemberg im 19. Jahrhundert, Politische Partizipation in Triest um 1900. Methodische Anmerkungen zur historischen Wahlforschung, Belfast im Ersten Weltkrieg, Multiethnizität im lokalen Raum: Vom Nutzen von Vergleich und Transfer für eine europäische Konfliktgeschichte
- Aust: "Serhii Plokhy nimmt den Befund, dass die Paradigmata nationaler Geschichtsschreibung nach wie vor Darstellungen der älteren ostslawischen Geschichte anleiteten, als Ausgangspunkt seines Buches über die Ursprünge der slawischen Nationen der Russen, Ukrainer und Belarussen. Die Historiker Russlands, der Ukraine und Belarus stünden nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder in einem unreflektierten Abhängigkeitsverhältnis zu den ukrainischen und russischen Meistererzählungen Wasili Kljutschewskis (1841-1911) beziehungsweise Mychailo Hruschewskys (1866-1934). Doch auch die Thesen der Sowjethistoriographie über die slawischen Nationsbildungen ließen sich noch als Treibgut in aktuellen Darstellungen identifizieren. [...]
Nun wäre es jedoch spannend gewesen zu erfahren, wie sich der diskursive Umgang mit dem Rus-Begriff im 19. und 20. Jahrhundert fortsetzte, welchen Stellenwert er in den nationalen Narrativen des 19. und 20. Jahrhunderts noch hatte. Dies ist für Plokhy jedoch allein eine historiographiegeschichtliche Frage. Der Einwand mag beckmesserisch erscheinen. Seine Berücksichtigung hätte wahrscheinlich erfordert, dem Buch einen zweiten Band über das 19. und 20. Jahrhundert hinzuzufügen. Er ergibt sich aber aus Plokhys Bezug auf die großen Gesamtdarstellungen, die im frühen 20. Jahrhundert entstanden sind, und die an sie gestellte Frage, wie sich die Geschichte der Ostslawen im Allgemeinen und der Russen und Ukrainer im Besonderen heute konzipieren ließe. Wenn diese Frage auch offen bleibt – ob sie weiterführend ist, wäre noch wieder eine völlig neue Diskussion – so ist zum Schluss festzuhalten, dass alle, die eine klar strukturierte, kenntnisreiche und gut lesbare Abhandlung über Identitätskonzeptionen unter den Ostslawen vom 12. bis ins frühe 18. Jahrhundert suchen, mit Gewinn zu Plokhys Buch greifen werden." - Cohen: "Borderlands was a large scale interdisciplinary and international research project which began in 2003 with the purpose of exploring the origins and manifestations of ethnicity, identity, and inter-group violence in the borderlands regions of East Central, Eastern, and Southeastern Europe, from the rise of nationalism in the nineteenth century, through the Holocaust, and beyond. [...]
The conference concluded with summarizing statements from Omer Bartov, Peter Haslinger, and Eric Weitz, highlighting the important advances that were apparent in the papers with regard to research on ethnic group identification, evolving intergroup relations, government policies on ethnic diversity and minority rights, the origins and mechanisms of ethnic violence, and the historical memory of ethnic violence. Peter Haslinger pointed to the need for clarity in how the notion of borderland is used by scholars, whether in political, geographical, or cultural senses, and for sensitivity to the social and cultural ambiguities of people living in such zones, particularly the dynamic, contingent, and often ambiguous character of ethnic identification and ethnic differences. He also noted that the strong focus on studies of ethnic conflict and intergroup violence in the eras of World War I and World War II has meant that scholars have devoted much attention to political projects, or fantasies, of purification and the inhuman application of force under extraordinary circumstances. That emphasis in the scholarship, however valuable for achieving better understanding of the war years, leaves a need for more attention to developments and experience in the East-Central, Eastern, and Southeastern European borderlands during the post-war and post-holocaust eras." - laut Scharr ging es darum, "erstmals eine gemeinsame Plattform zu bilden, die einen offenen Meinungsaustausch im Hinblick auf neue Methoden und Forschungsansätze unterschiedlicher Wissenschaftstraditionen des deutschsprachigen (österreichischen), ungarischen und rumänischen Raumes ermöglichte. Kleiner und Großer Lebensraum – Zentrum und Peripherie sind dabei keineswegs als wertende Begrifflichkeiten einer größeren oder geringeren Bedeutung in diesen Zusammenhang zu sehen, wenngleich dies die vielleicht etwas missverständliche Gleichsetzung des deutschen und rumänischen Tagungsmottos suggerieren könnte. [...]
Als besonders wichtig im Gesamtkontext der Veranstaltung ist wohl die aktive Teilnahme von Studenten der Babes-Bolyai-Universität zu sehen, die durch ihr abschließendes Statement am Ende der Tagung gezeigt haben, dass eine ernstzunehmende, zukunftsgerichtete Diskussion des Kleinen wie Großen Lebensraumes Siebenbürgens im Speziellen, wie der Vergangenheit und Gegenwart dieses Raumes im Allgemeinen, gerade durch und von der Einbindung der jüngeren Generation lebt und allein schon durch deren Hereinnahme ein notwendiges Korrektiv zu verkrusteten Traditionen bilden hilft."
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Senior Editor
Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
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Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
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