Bücher | Books - Part 118

posted by PP on 2007/04/05 17:03

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Für diejenigen, die schon (mehr oder weniger:) letzthin ihr Interesse an Walther Rathenau (wieder)entdeckten - und für alle anderen sowieso -, dürften die hiermit erfolgenden Hinweise auf
Walther Rathenau: Briefe. Teilband 1: 1871-1913, Teilband 2: 1914-1922. Hgg. v. Hans Dieter Hellige, Ernst Schulin u. Tilmann Koops. Düsseldorf: Droste 2006 (Walther Rathenau-Gesamtausgabe V 1/ V 2; hgg. v. Alexander Jaser, Clemens Picht u. Ernst Schulin), 2829 pp.
[ISBN: 3-7700-1620-3; EUR 182,-]
sowie die davon handelnde Rezension durch Johannes Mikuteit (Fachreferent für Rechtswissenschaft und Kulturgeschichte an der Universitätsbibliothek Kiel) ihre Nützlichkeit haben.
Auf fast dreitausend Seiten breiten Alexander Jaser, Clemens Picht (†) und Ernst Schulin in dem von ihnen herausgegebenen Band V der Walther Rathenau-Gesamtausgabe ein umfangreiches Quellenmaterial in zwei Teilbänden aus, das nicht nur der Forschung über Walther Rathenau (1867-1922) selbst, der zugleich Ingenieur, Industrieller, Bankier, Wirtschaftsorganisator sowie Schriftsteller in einer Person war, reichlich neue Nahrung bietet. Die insgesamt 3088 Briefe, ganz überwiegend von Walther Rathenau an zahlreiche Adressaten in der Zeit von 1871 bis 1922 gerichtet, sind eine wahre Fundgrube für die Kultur-, Sozial-, Technik-, Industrie- und nicht zuletzt Politikgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die Herausgeber haben die Briefe unter großer Mühe zusammengetragen, die jeweilige textliche Grundlage überprüft, datiert und kommentiert. Für diese Ausgabe stand erstmals das gesamte überlieferte Quellenmaterial zur Verfügung, darunter viele lange Zeit unbekannte Briefe aus dem in Moskau Anfang der 1990er-Jahre wieder entdeckten Nachlass Rathenaus. Der Band ist mit einer instruktiven Einleitung, einer hilfreichen Zeittafel und einem umfangreichen Personenindex versehen.
Im Unterschied zu früheren Briefeditionen haben die Herausgeber des vorliegenden Bands keinen Brief gekürzt. Es musste aber eine Auswahl nach dem Kriterium der jeweiligen inhaltlichen Bedeutsamkeit getroffen werden. Weder konnten sämtliche überlieferten Briefe von Rathenau noch viel weniger alle an ihn gerichteten Briefe vollzählig gedruckt werden. Allein aber die Fülle der veröffentlichten Briefe und die darin behandelte Vielzahl an Themen erlauben es, einen vertieften Eindruck von der Rathenauschen Korrespondenz zu gewinnen. Mit Ausnahme des bereits 1983 im Rahmen dieser Gesamtausgabe erschienenen Briefwechsels mit Maximilian Harden werden alle früheren Ausgaben der Briefe von und an Walther Rathenau damit zu historischen Relikten ihrer Entstehungszeit. [...]
Zu widersprüchlich, undurchsichtig und rätselhaft ist und bleibt aber, was wir über Rathenau wissen, um je zu einem abschließenden Urteil über diese ungewöhnliche Persönlichkeit zu kommen. Leichter schon lässt sich benennen, was Rathenau, anders als seine zahlreichen Feinde und Gegner meinten, sicherlich nicht war – kein alljüdisch-antideutscher Verschwörer oder Vaterlandsverräter, kein Mitglied einer Clique von skrupellosen Großkapitalisten, auch kein typischer Wilhelminist, wenn auch die vorherrschenden Strömungen seiner Zeit nicht spurlos an ihm vorbeigingen. Als überzeugter Liberaler oder unzweifelhafter Demokrat ist Rathenau aber auch kaum treffend charakterisiert. Wohl nicht zuletzt deshalb hat das Andenken Rathenaus in Deutschland bis heute keinen festen Platz in der kollektiven Erinnerung gefunden und wird wahrscheinlich auch nie einen finden. So kann es auch als durchaus zweifelhaft gelten, ob das Erscheinen der Walther Rathenau-Gesamtausgabe, künftig hoffentlich in kürzeren Intervallen als bisher, an diesem Zustand etwas zu ändern vermag. Unser Wissen über Walther Rathenau und seine Zeit wird durch diese hervorragende Edition aber in jedem Falle bedeutend bereichert.




Abbildungsnachweis für die untenstehende Briefmarke der Deutschen Post Berlin (1952): Wikipedia.

http://www.kakanien.ac.at/static/files/30526/Rathenau-Briefmark.jpg


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Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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