Bücher | Books - Part 117

posted by PP on 2007/04/03 15:16

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Christian Noack (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld) hat für H-Soz-u-Kult eine Sammelrezension für die beiden Bände
  • Moshe Lewin: The Soviet Century. London: Verso 2005, 352 pp.
    [ISBN 1-844-67016-3; EUR 29,90,-]
  • Geoffrey Hosking: Rulers and Victims. The Russians in the Soviet Union. Cambridge: Belknap Press 2006, 496 pp.
    [ISBN 0-674-02178-9; EUR 36,04,-].
verfasst, die durchaus gespalten ausfällt, insofern als er die erstgenannte Publikation eher nicht so gehaltvoll findet, wohingegen die zweitgenannte Darstellung (etwas entgegen deren tiefer angesetzten Ansprüchen) durchaus eine sehr brauchbare "Überblicksdarstellung der Sowjetgeschichte" zu liefern imstande ist.
Mit Moshe Lewins "Soviet Century" und Geoffrey Hoskings "Rulers and Victims" liegen seit kurzem zwei umfangreiche Darstellungen vor, die jeweils auf sehr unterschiedliche Weise ein Fazit der sieben Dekaden sowjetischer Geschichte im 20. Jahrhundert zu ziehen suchen. Bereits in der Einleitung kündigt Moshe Lewin einen sehr individuellen Rückblick auf das "sowjetische Jahrhundert" an: Inwieweit haben die Öffnung der Archive und die neuere russische Forschung seine eigene Einschätzung der sowjetischen Geschichte verändert? Angesichts von Lewins zuletzt 2006 von der American Association for the Advancement of Slavic Studies gewürdigtem Lebenswerk lässt ein solcher Rückblick zumindest eine spannende historiographische Auseinandersetzung erwarten. Die einseitige Bevorzugung nur der neueren russischen Fachliteratur wirft allerdings von Anfang an einen Schatten auf dieses Vorhaben. [...]

Zentrale Hypothese der neuen Darstellung Hoskings ist, dass sich in der sowjetischen Geschichte zwei konkurrierende, aber strukturell durchaus vergleichbare Messianismen gegenüberstanden: Sowohl die russisch-orthodoxe, als auch die sowjetische Heilslehre strebten nach der Errettung der gesamten Menschheit und wiesen den Russen bzw. den überwiegend ostslawischen Sowjetmenschen eine weltgeschichtliche Mission zu. Beide rekurrierten dabei in unterschiedlichem Maße auf eine vermeintliche Konstanz russischer gesellschaftlicher Verhältnisse, vor allem auf den archetypisch in der Bauerngemeinde ausgedrückten Gemeinschaftssinn. Die Kehrseite dessen war eine weitgehende Ignoranz konkurrierender Vergesellschaftungsmodelle, zivilgesellschaftlicher oder ethnisch-nationaler Prägung. Dieses Spannungsverhältnis ist für Hosking ein wesentlicher Grund dafür, dass die sowjetische Geschichte des 20. Jahrhunderts so konflikt- und opferreich verlaufen ist. [...]

Zusammenfassend: Nur auf den ersten Blick haben hier also zwei ausgewiesene Kenner der Sowjetunion summarische Darstellungen der Sowjetperiode vorgelegt – bei näherem Hinsehen wird schnell deutlich, dass Moshe Lewin einen solchen Anspruch zwar erhebt, aber nicht einlösen kann. Geoffrey Hoskings Darstellung dagegen, die gar keine weitere Überblicksdarstellung der Sowjetgeschichte sein will, erfüllt diesen Anspruch weit besser.


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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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