Literatur | -e - Part 40
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Die Frage, inwieweit die DFG die Franz Kafka-Ausgabe (FKA, bisherige Blogs dazu: 1, 2, 3, 4 und 5) nun unterstützt oder nicht, dabei des Einspruchs gegen ihren negativen Erstbescheid durch hunderte AutorInnen und WissenschafterInnen wohl gewärtig, dürfte entschieden sein. Der Präsident der DFG sagt Njet - was insofern zumindest verstehbar ist, als er einerseits wohl das Begutachtungssystem der DFG aus seiner Sicht desavouiert, weiters Einsprüchen (im Unterschied zum gegenständlichen wie schlecht auch immer begründet) Tür und Tor geöffnet und schließlich auch eingestanden hätte, dass die von seiner Institution unterstützte Kafka-Ausgabe des S. Fischer Verlags halt vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei ist.
Kurz: Das Verfahren sei fair abgelaufen, die Förderung einer Historisch-Kritischen Kafka-Ausgabe habe nach der Subvention der S.Fischer-Ausgabe und mit Rücksicht auf andere Anträge keine Priorität gehabt; erneut wird zu verstehen gegeben, daß es ein Fehler war, Bände ohne öffentliche Förderung vorzulegen, es sei keine wissenschaftliche und wissenschaftspolitische Katastrophe, die Edition nicht zu fördern etc.
Die Antwort an einen der beiden Hauptinitiatoren des Protests, Wolfram Groddeck, im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Groddeck,
wer kann etwas gegen Kafka haben? Und wer freute sich nicht, wenn wir in absehbarer Frist eine weitere und noch bessere Ausgabe seiner Arbeiten hätten? Aber das ist hier nicht die Frage. Die Frage ist, ob es angesichts begrenzter Fördermittel und einer Vielzahl guter und dringlicher Forschungsprojekte zu rechtfertigen ist, einen Teil dieser Mittel für eine neue vollständige Kafka-Ausgabe bereitzustellen, nachdem vor kurzem eine andere historisch-kritische Kafka-Ausgabe nach
langjähriger Förderung der DFG zum (weitgehenden) Abschluss gekommen ist. Diese Frage lässt sich nicht durch Pressekampagnen und Unterschriftenaktionen entscheiden. Die DFG hat dafür ein anderes Verfahren. Sie holt sich Rat bei Experten, deren Urteil sie schätzt, lässt durch gewählte Fachvertreter die Stellungnahmen dieser Experten überprüfen, diskutieren und die Anträge und Gutachten einer Vielzahl von Projekten aus demselben Fächerspektrum miteinander vergleichen. Am Ende gibt es Prioritätenfolgen und Entscheidungsempfehlungen an den Hauptausschuss der DFG, der seinerseits die Anträge und Empfehlungen prüft. Erst dann wird entschieden.
Das Ergebnis der Abwägungen im Falle des Antrags von Herrn Reuß kennen Sie. Ich habe auf Ihren Brief hin den Vorgang erneut überprüfen lassen und mir die Stellungnahmen und Begründungen selber angeschaut. Ich beanspruche keine Unfehlbarkeit für diese oder andere Entscheidungen. Doch habe ich nichts gefunden, was zu der Vermutung Anlass geben könnte, eine faire Begutachtung habe nicht stattgefunden und müsse erst noch ermöglicht werden.
Es fällt mir schwer zu verstehen, warum Sie einerseits darauf verweisen, dass die Ausgabe ohne jede öffentliche Förderung schon fünf umfangreiche Bände zustande gebracht hat, andererseits die Entscheidung der DFG, hier nicht in die Förderung einzusteigen, als wissenschaftliche und wissenschaftspolitische Katastrophe bezeichnen. Ich kann auch nicht sehen, dass es sich um eine unverständliche Entscheidung handelt. Die Überlegungen der Gutachter, die wir Herrn Reuß mitgeteilt haben, machen sie durchaus nachvollziehbar, auch wenn man ihre Bewertung nicht teilen mag.
Ein besonnenerer Umgang mit den übermittelten Informationen hätte der Sache, um die es Ihnen geht, vielleicht besser gedient.
Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker
Der Aufruf des Instituts für Textkritik (ITK) lautet nun wie folgt:
Wir sind nun in der Not, uns Gedanken über eine mögliche Finanzierung der Ausgabe zu machen, die nicht über die DFG läuft.
Dürfen wir Sie bitten, uns dabei zu helfen?
Haben Sie eine Idee, an wen wir uns, mit Aussicht auf Erfolg, wenden könnten -- Stiftungen, Mäzene, Sponsoren? Wäre es Ihnen selber möglich, in dieser Angelegenheit tätig zu werden?
Wenn es tatsächlich so sein sollte, daß sich niemand findet, das Projekt insgesamt zu fördern, wären wir auch für Hinweise dankbar, die in Richtung einer gemischten Finanzierung gehen. Wir haben schon bei der Förderung der Kleist-Ausgabe mit einer solchen Konstruktion gute Erfahrungen gemacht.
Wenn Sie uns raten können, schicken Sie Ihre Vorschläge bitte wieder an die Adresse itk@textkritik.de.
Mit herzlichen Grüßen und bestem Dank,
Ihre
Wolfram Groddeck, Walter Morgenthaler, Roland Reuß, Peter Staengle, KD Wolff
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Senior Editor
(Weitere Informationen hier)
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
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