Bücher | Books - Part 64
posted by PP on 2006/03/23 17:28
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Stefan Troebst hat den leider ausgesprochen teuren BandDietmar Müller: Staatsbürger auf Widerruf. Juden und Muslime als Alteritätspartner im rumänischen und serbischen Nationscode. Ethnonationale Staatsbürgerschaftskonzepte 1878-1941. Wiesbaden: Harrassowitz 2005 (Balkanologische Veröffentlichungen 41), 537 pp.für H|Soz|u|Kult rezensiert und eine Menge an Lesenswertem gefunden:...
[ISBN 3-447-05248-1, EUR 98]
In der mittlerweile einen deutlichen Aufschwung erfahrenden sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung zu Fragen von Staatsangehörigkeit, Staatsbürgerschaft und Nationalität spielt die diesbezüglich "märchenhaft komplexe Welt des Habsburgerreiches" (Rogers Brubaker) samt dem übrigen östlichen Mitteleuropa lediglich eine Nebenrolle, wie überdies Südosteuropa nahezu gänzlich ausgeblendet wird. Um so willkommener ist daher der regionale Fokus von Dietmar Müllers umfangreicher vergleichender Untersuchung zu Staatsbürgerschaftsdiskursen und Staatsangehörigkeitsgesetzgebung Rumäniens und Serbiens bzw. Jugoslawiens vom Berliner Kongress bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in Südosteuropa. Bereits der Übertragung der Frage nach den Spezifika und Unterschieden europäischer Staatsbürgerschaftskonzeptionen auf den Donau-Balkan-Raum wegen stellt sein Buch eine Pionierstudie dar.Und auch wenn Troebst und Müller eng zusammenarbeiten, dürfte hier ein durchaus wichtiges Buch gelungen sein.
[...] Überraschend, aber auch überzeugend ist die Quintessenz des Autors zum Gegenwartsbezug seiner Forschungsergebnisse: Der in Südosteuropa auch weiterhin gängigen Gleichsetzung von Staatsvolk und Titularnation und der daraus resultierenden Folge der Ausgrenzung ethnokultureller Minderheiten als "Bürger zweiter Klasse" wegen reichten Minderheitenrechte auf individueller Basis für solche "strukturellen Minderheiten" nicht aus, sondern müssten durch Kollektivrechte ersetzt werden. Nur wenn dem übermächtigen Kollektiv der Titularnation in rechtlicher Hinsicht minoritäre Kollektive statt minoritäre Individuen gegenüber stünden, könnten deren Rechte wirksam geschützt werden. Mit dieser historisch hergeleiteten und empirisch am Beispiel von Juden in Rumänien und Albanern in Serbien eindrücklich belegten Schlssufolgerung leistet der Autor einen profunden Beitrag zu der intensiven internationalen Debatte von Völkerrechtlern, Diplomaten und Politikern zu den Themenbereichen "Inter-Ethnic Power-Sharing" und "Managing Diversity" – und er baut damit zugleich einer Tendenz aus jüngster Zeit vor, in zum Teil bewusster Verwechslung von Ursache und Wirkung minderheitenrechtliche Regelungen im internationalen, zwischenstaatlichen und innerstaatlichen Bereich als eskalierendes Moment in Situationen gespannter interethnischer Beziehungen und in ethnopolitischen Konflikten zu sehen.
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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
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Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]


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