It's the Elitendämmerung, stupid

posted by PP on 2008/02/19 11:02

[ Science- | -Politics ]

Ein angesichts aktueller Tagesberichterstattung von Harry Nutt formulierter Einwurf in der Frankfurter Rundschau, der ein bisschen grundsätzlicher klingt: Warum sie es tun. Zitat:

Im mentalen Haushalt dieser Akteure sind die Summen jedoch keineswegs als Entgelte für Geleistetes verbucht. Sie sind vielmehr Vorauszahlung und Entschädigung für Kränkung und Schmähung, den Schimpf und die Schande - alles, was noch kommt.

Von den Entscheidern der Wirtschaft arbeitet niemand mehr in dem Gefühl, kontinuierlich ein Projekt oder eine Geschäftsidee zu entwickeln. Man rechnet mit den Beständen und wartet ab, wie lange es gut geht. Aus solch einem Geist entsteht wohl auch das Bedürfnis, beiseite zu schaffen, was da ist. Und dieses Gefühl herrscht nicht nur in den Zumwinkeln der Republik. Der Zwang zur Selbstoptimierung hat längst das Leben auch niedrigstufiger Kader erfasst. Kurzfristige Lebensplanung, die Angst vor plötzlicher Freisetzung und das unfreiwillige Umsteigen auf unbekannte Arbeitsfelder bestimmen das Handeln von Akteuren auch außerhalb des Hartz- IV-Spektrums. Das Basteln an den Entwürfen prekärer Lebensverhältnisse ist derart abend- und freizeitfüllend, dass für die Vorstellung eines sorgenden Staates, der am Ende auch bezahlt sein will, kein Platz ist. Zu sehen, wo man bleibt, ist nicht länger die Verhaltensweise charakterloser Egoisten, sondern praktisches Gebot.

Pfiffige Buchautoren haben in den letzten Jahren immer wieder neue Eliten ausgemacht, die unter Soll bleiben. Nieten in Nadelstreifen, faule Professoren, selbstsüchtige Juristen. Der Fall Zumwinkel beschreibt auch das Dilemma von Eliten, denen die Verständigung auf ein gemeinsames Ziel nicht mehr gelingt. War es einmal die Aufgabe von Politik, gesellschaftliche Widersprüche zu identifizieren und in Handlungsoptionen zu überführen, so tut sie es heute den Managern gleich und handelt für den Moment.

(FR, 19.02.2008, p.33)


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Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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