Literatur | -e - Part 27

posted by PP on 2006/08/15 16:33

[ Literatur | -e ]

In der Zeit erschien am 10. d.M. ein mit einer längeren Einleitung versehenes Gespräch mit George Tabori, Flucht in den Witz (geführt von Peter Kümmel), das anhebt mit "Zwischen den Dramatikern Bert Brecht und Samuel Beckett klafft ein Abgrund. Darin wohnt ein weiser Mann und lacht." Möge er es noch lange tun!
Kurze Auszüge:
Tabori hat sich an Brecht und Beckett geschult. Ohne den "epischen" Ansatz Brechts (die Darsteller beobachten und kommentieren ihr Spiel) und ohne die Annullierungsdramatik Becketts wären seine Stücke nicht denkbar. Er ist durch Brechts Optimismus und Becketts Verzweiflung hindurchgegangen und beim Witz herausgekommen. [...]
Sein ganzes Leben, hat er gesagt, sei eine Flucht in den Witz. Die Kraft des Witzes hat ihm sein Vater offenbart: "Ich war vier Jahre alt, und ein Kind in der Nachbarschaft war gestorben. Mein Vater, der ein angesehener Mann war, hielt eine Rede auf das Kind. Ich saß in der ersten Reihe, gleich neben dem ungarischen Erzbischof, und die Leute lachten und weinten in derselben Minute. Mein Vater brachte sie dazu. Später herrschte der Erzbischof mich an: 'Sag deinem Vater, er soll sich entscheiden, ob er uns zum Lachen oder Weinen bringen will; beides zusammen geht nicht.' Nun, ich glaube, es geht nur beides zusammen."
Wenn sein Leben eine Flucht in den Witz war, so liegt die Pointe darin, dass sie ihn nach Deutschland gebracht hat. "Ich denke in drei Sprachen«, sagt Tabori, »ich liege viel im Bett, was sonst, schaue den Plafond an und erinnere mich an mein Leben als Amerikaner, Ungar, Deutscher. Ich habe so viel erlebt, dass ich gar nicht mehr weiß, bin ich das, der es erlebt hat. In der Erinnerung ist das ganze Leben ein Tag."

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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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