1, 2 Forint
[ Ungarn | Hungary ]
Am 1. März 2008 werden in Ungarn die 1- und 2-Forint-Münzen aus dem Verkehr gezogen. Eine von Stürmen durchzogene, durchaus auch glanzvolle Epoche geht damit endgültig zu Ende: Die fundamentale Wert- und Maßeinheit des ungarischen Sozialismus und Postsozialismus hört auf zu existieren. Aktuell wird mittels eMail ein Aufruf verbreitet (Abb. der deutschsprachigen Fassung s.u.), aus diesem Anlass ein Denkmal zu errichten:
Lassen wir die Vergangenheit nicht spurlos verschwinden!
ERRICHTEN WIR EIN DENKMAL FÜR DIE 1- UND 2-FORINT-MÜNZEN!
Nähere Angaben:
Der Aufruf wie folgt:
Für 1 Forint konnte man noch vor einigen Jahrzehnten zwei kleine Kugeln oder eine grosse Kugel Eis bekommen - respektive einen Straßenbahnfahrschein. Und für 2 Forint vier kleine Kugeln, zwei grosse Kugeln und zwei Straßenbahnfahrscheine.
Heute bekommen wir für 1 Forint nichts, und für 2 Forint bekommen wir ebenfalls nichts.
Somit stehen die 1- und 2-Forint-Münzen für die gesamtgesellschaftliche Leistung einer vollständigen Inhaltsentleerung: Sie verkörpern ein postneoavantgardistisches Gemeinschaftskunstwerk.
ERRICHTEN WIR EIN DENKMAL FÜR DIE 1- UND 2-FORINT-MÜNZEN!
Der Bildhauer Mamikon Jengibarjan hat sich bereits erklärt, aus den zu diesem hehren Zweck gesammelten 1- und 2-Forint-Münzen das Denkmal der 1- und 2-Forint-Münzen zu schaffen.
Bürgerinnen und Bürger des Ungarnlandes!
Seien wir großen Mutes! Bringen wir ein Opfer für die Kunst! Geben wir unsere vielen messing- und silberfarbenen Nichtigkeiten zusammen, damit sie in der letzten Verschmelzung zu einem grossen Kunstwerk werden!
Schöpfen wir etwas aus dem Nichts!
ERRICHTEN WIR DAS DENKMAL FÜR DIE 1- UND 2-FORINT-MÜNZEN!
Ort und Zeit der Münzabgabe:
Die für die hohen Ziele der Kunst weggelegten 1- und 2-Forint-Münzen können am 3. März 2008 zwischen 16.00 und 02.00 Uhr im Café JELEN (Márkus Emília utca 2-4, am hinteren Ecke des Corvin-Warenhauses) abgegeben werden, wo an diesem Tag von den 1- und 2-Forint-Münzen empfindsam Abschied genommen wird.
Programm:
19.00 Uhr: Wenn die Kohle glüht. Der Verein "moralischer Kredit" stellt Fragen zum Geld
20.00 Uhr: István Grencsó und Hans van Vliet machen den 1- und 2-Forint-Münzen mit Blasinstrumenten den Garaus; Vortragskünstlerin Imola Kreutzer rezitiert Tihamér Holzgroschens Gedicht "Elegie an eine 1-Forint-Münze"
Vor, während und nach dem Programm allgemeine Herzempfindsamkeit und Abschiedsstimmung. Um passende Kleidung wird gebeten.
Wer verhindert ist kann die Münzabgabe bis zum 31. März jeden Tag im Café Jelen vollziehen!
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Senior Editor

(Weitere Informationen hier)

[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]


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