Open Content | Access - Part 47

posted by PP on 2006/08/03 19:25

[ Open Content | Access ]

Stefan Wiederkehr hat für H|Soz|u|Kult eine Rezension des Sammelbandes

Olaf Blaschke, Hagen Schulze (Hgg.): Geschichtswissenschaft und Buchhandel in der Krisenspirale? Eine Inspektion des Feldes in historischer, internationaler und wirtschaftlicher Perspektive. München: Oldenbourg 2006 (Historische Zeitschrift - Beihefte 42), 239 + X pp.
[ISBN 3-486-66642-8; EUR 49,80,-]

verfasst, die durchaus informativ ausfällt. Das Thema "Open Access" scheint in dem Band etwas unterrepräsentiert zu sein, so stößt sich Klaus Graf nicht unerheblich an der Passage

Der Staat ist ein wichtiger Akteur. Kann oder will er die Aufwendungen für Universitäten, Bibliotheken und Druckkosten nicht im bisherigen Maße fortführen, sind reine Wissenschaftsverlage in ihrer Existenz gefährdet. Für die potenziellen Transformationsverlierer dürfte die in einigen Beiträgen geführte Debatte, ob ...
... es hier um eine negativ konnotierte "Krise" oder neutral formuliert um einen "Strukturwandel" gehe, reichlich akademisch klingen. Die Unterstützung der Open-Access-Bewegung durch die staatlichen Instanzen der Forschungsförderung und die jüngste Novellierung des Urheberrechts wird denn auch von mehreren Autoren angegriffen. Dem Kostenargument – digitale Publikationen sind unter Berücksichtigung der Kosten für die Langzeitarchivierung nicht per se billiger als gedruckte, können aber zum Beispiel durch Suchfunktionen ein Mehrwert aufweisen, der höhere Kosten rechtfertigt – wird sich die Bildungspolitik aber nicht verschließen können, so dass auch in Zukunft Bücher förderungswürdig sein werden.

und erzählt ein wenig zu den Hintergründen des Ungleichgewichts. Wie auch immer die Debatten nun gelaufen sein mögen, bleibt doch am so paraphrasierten Ende des Tages (und das kann nun kein generelles Urteil hinsichtlich des Bandes sein), dass Open Access durchaus auch für Geistes- und Kulturwissenschaften eine mit einzubeziehende Herausforderung darstellt.

Uwe Jochum - ausgewiesener Spezialist für Bibliotheken, Bibliotheks- und Buchgeschichte - meldet hingegen unter dem Titel Substanzverlust "eine Cholerik" an und verteidigt auf der website des kaum genug zu würdigenden Heidelberger Instituts für Textkritik (ITK) die Buchwissenschaft/en sehr vehement gegen die (aus modischen Zuweisungen wie "Exzellenzinitiative", "E-Learning" oder auch "Evaluierung" heraus geborene) Idee, dass man sich vom Gedruckten zugunsten des Elektronischen verabschieden müsste. Und v.a. dagegen, dass man annehmen könnte, dass "Open Access" billiger wäre. Sehr im Gegenteil sieht Jochum hier eine gewaltige Vernichtung von Vermögenswerten, die viel zu selten (wenn überhaupt) registriert wird.

Jochums Punkte treffen sehr wesentlich (etwa, dass unter diversen semantischen Deckmäntelchen die Natur- und technischen Wissenschaften gegenüber Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften radikal bevorzugt, letztere zunehmend abgebaut werden: "Das mag man für vertretbar halten, weil es auf die schönen Fächer des Geistes und des Sozialen eh nicht mehr ankommt, aber dann sollte man das auch sagen"). Und es bleiben nur einige wenige Dinge anzumerken:
Zum einen, dass die stete Aushöhlung der Forschungs-, Wissenschafts-, damit Bibliotheksbudgets durch die Regierungen (inklusive Umschichtung von Geldern) sich jedweder Camouflage bedienen wird, die sich gerade anzubieten scheint.
Zum anderen, dass die "Open Access"-Bewegung eigentlich sehr anderen Dingen sich widmet und jedenfalls gewiss nicht als Kollektiv zur Durchsetzung von Budgetkürzungen versteht.
Zum dritten ließe sich ein Satz aus oberwähnter Rezension von Stefan Wiederkehr zitieren, der ein klassisches Missverständnis offenbart:

Technische Neuerungen haben in den letzten Jahren Produktion und Distribution von Büchern stark verändert und zu einer neuen Arbeitsverteilung geführt. So übernehmen zum Beispiel heute die Autoren Satzarbeiten, die früher kostentreibend im Verlag anfielen, weitgehend selbst.

Das hat nun natürlich nichts mit Open Access zu tun (außer man nimmt das unbedingt für ein gepflegtes "Self Archiving" an), zeigt aber zum einen die Situation in den nichttechnischen Fächern sehr deutlich auf, die von einer Ausdünnung der Ressourcen gekennzeichnet ist. daraus ließe sich schließen bzw. geschieht das hier einmal: Nicht die Open Access-Bewegung ist das Problem, denn diese wird und will nur in Kombination mit einem bewussten wie sinnvollen Umgang mit dem Medium Buch bestehen können. Beides braucht es - und damit auch die entsprechenden finanziellen Mittel.

 


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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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