Bücher | Books - Part 78
posted by PP on 2006/05/29 03:10
[ Bücher | Books ]
Klaus Buchenau (Osteuropa-Institut der FU Berlin) rezensiert auf H|Soz|u|Kult ausführlichSiegfried Tornow: Was ist Osteuropa? Handbuch der osteuropäischen Text- und Sozialgeschichte von der Spätantike bis zum Nationalstaat. Wiesbaden: Harrassowitz 2005 (Slavistische Studienbücher, Neue Folge 16), 675 pp.
[ISBN 3-447-05223-6; EUR 58,-]
Eine große_ Frage ist das, und nach all den Diskussionen um den Osteuropa- und Balkanbegriff möchte man meinen, es könne keine einfache Antwort geben. Siegfried Tornow, Slawist und langjähriger Russischlektor an der Freien Universität Berlin, hat sich jetzt mit einem ungewöhnlichen Buch in die Debatte eingeschaltet. Es ist dick, aber weniger deshalb, weil sein Autor Seite um Seite über die Osteuropa-Frage nachdächte. Tornow vertritt vielmehr ein recht übersichtliches soziostrukturelles Osteuropa-Modell, das lediglich den Rahmen abgibt für eine enzyklopädisch breite Behandlung der osteuropäischen Textgeschichte und Sprachkodifizierung. Bereits aus diesem Konzept ergeben sich in Grundzügen Lob und Kritik – das Buch hat eine klare, wenn auch streitbare Grundthese, es ist dabei äußerst informativ und zeugt von der Erudition seines Verfassers. Andererseits verträgt sich die starke These nicht immer mit der Komplexität des vorgestellten Materials, und bei den Einzeldarstellungen zu den jeweiligen Sprachen/Nationen gerät die übergeordnete Fragestellung öfter aus dem Blick. Sicherlich werden diejenigen Leser, die das Buch als Handbuch ansehen und es entsprechend (kapitelweise) lesen, zufriedener sein als jene, die auf jeder Seite nach einer neuen Information darüber warten, was Osteuropa sein könnte. [...]
Was Osteuropa ist, bleibt also weiter offen. Wer aber wissen will, was in Osteuropa war, wird an Tornows Buch nicht vorbeikommen. Typische Lexikonnutzer könnten sich gelegentlich an unerklärten geografischen Begriffen (Aquileia, Zips usw.), einer zickigen Schreibweise osteuropäischer Termini (Jugoslavien, Weiszrussisch) und dem ausgiebigen Gebrauch deutscher Ortsnamen stören, dafür finden sie über ein riesiges Personenregister schnell zu kulturellen Größen der Region vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Für die Sprachen mit freiem Wortakzent hat sich Tornow die Mühe gemacht, Personen- und Ortsnamen sowie die Titel der zitierten Texte mit Akzentzeichen zu versehen – angesichts von insgesamt etwa 5.000 Namen und Titeln aus 36 Sprachen eine Riesenarbeit. Handbuchnutzer werden also nicht nur gut informiert, sie können endlich auch einmal lernen, den richtigen Ton zu treffen.
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Senior Editor
Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
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Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
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