Literatur | -e - Part 13

posted by PP on 2006/03/25 15:12

[ Literatur | -e ]

In der Zeit findet sich ein Beitrag von Vlada Menz im Zusammenhang mit den beiden Bänden
  • Leonid Zypkin: Ein Sommer in Baden-Baden. Roman. Aus d. Russ. übers. v. Alfred Frank. Mit einem Vorw. v. Susan Sontag. Berlin: Berlin Verlag 2006 (EUR 22,-)
  • A. G. Dostojewskaja: Dnewnik 1867 goda (Tagebuch von 1867). Moskau: Nauka 1993
die eingefleischten Dostojewski-LeserInnen teilweise vielleicht schon bekannt sind.
[...] Erst 1894, schon nach dem Tod ihres Mannes, machte sich Dostojewskaja daran, ihre Tagebücher zu entziffern. Mit längeren Unterbrechungen führte sie diese Arbeit fort, bis sie sie 1912 aufgab. Der bis dahin entschlüsselte Teil der Aufzeichnungen umfasste die Zeit von Mitte April bis Mitte August 1867 und wurde 1923 herausgegeben. Der Rest – die in der Genfer Zeit von September bis Dezember 1867 geführten Notizen – konnte erst Jahrzehnte später entschlüsselt werden. Aber auch der erste Teil musste mit den Originalen verglichen werden, weil Dostojewskaja bei der Entschlüsselung viele Änderungen vorgenommen hatte. Das Tagebuch wurde erneut 1993 veröffentlicht.
Als Ende der 1970er Jahre eine jener raren alten Ausgaben dem sowjetischen Pathologen und leidenschaftlichen Dostojewski-Freizeitforscher Leonid Zypkin in die Hände fiel, muss es für ihn eine Offenbarung gewesen sein. Schon immer las er viel von und über Dostojewski, fotografierte Orte und Häuser, in denen der Schriftsteller gewohnt hatte und die ihm als Modelle für seine literarischen Welten dienten. Aber zum ersten Mal sah Zypkin solch ein aufrichtiges Zeugnis eines Lebensabschnitts Dostojewskis: das tägliche und unmittelbare Einfangen der damaligen Geschehnisse, geschrieben von einer unerfahrenen jungen Frau. Wegen ihrer stenografischen Schrift waren die Einträge für niemand anderen zugänglich, auch nicht für ihren Mann; und deshalb voll von unbefangenen und manchmal etwas naiven Erzählungen über ihn, über seine Spielsucht und seine häufigen Stimmungswechsel. Ihren Beobachtungen fehlte jedoch der psychologische Tiefgang; die Motive der Handlungen Dostojewskis blieben der Zwanzigjährigen meist verborgen.
Wahrscheinlich war es der geschulte Blick eines Mediziners, der Zypkin nicht nur die Symptome sondern auch die Ursachen ergründen ließ. Zwischen 1977 und 1980 schrieb er das wunderbare Buch Dostojewski lieben, das kürzlich mit dem Titel Ein Sommer in Baden-Baden auf Deutsch erschienen ist, in dem Dostojewski als Mensch im Mittelpunkt steht. Dabei ist es weit entfernt von einer sachlichen psychologischen Studie. Vielmehr ist es ist ein poetisches Seelenportrait des Schriftstellers - voller Metaphern, literarischer Anspielungen und Assoziationen. [...]
Und zur erneuten Publikation von Zypkins Buch heißt es:
[...] Sein zweites Leben verdankt es einem Zufall: Vor circa 10 Jahren stieß Susan Sontag beim Stöbern in einem Londoner Buchladen auf das abgegriffene Buch des unbekannten russischen Autors, las es und bezeichnete es als eines der schönsten, anregendsten und originellsten literarischen Werke des Jahrhunderts. Und sie hatte Recht. Wenn auch erst zwei Jahrzehnte nach dem Tod des Autors.

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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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