DDR, ex posteriori

posted by PP on 2008/07/13 16:53

[ Science- | -Politics ]

Nach einer denn doch etwas verqueren Woche kann endlich wieder den sich angesammelt habenden RSS-Feeds ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden. Und so finden sich bei den HistorikerInnen von H|Soz|u|Kult bspw. drei Hinweise auf ausgesprochen spannende Publikationen wie Veranstaltungen, die als Beiträge zur Geschichte Ostdeutschlands bis 1989 - und wohl auch darüber hinaus - durchaus Relevanz aufweisen. Etwa:

Ralph Jessen rezensiert

Christoph Kleßmann: Arbeiter im "Arbeiterstaat" DDR. Deutsche Traditionen, sowjetisches Modell, westdeutsches Magnetfeld (1945-1971). Bonn: J.H.W. Dietz Nachf. 2007 (Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts 14), pp. 892.

und befindet letzten Endes:

Christoph Kleßmanns Geschichte der "Arbeiter im 'Arbeiterstaat' DDR" ist nicht nur eine in jeder Hinsicht gelungene sozialgeschichtliche Studie, sondern ein Eckpfeiler jeder zukünftigen Gesamtdeutung der DDR-Geschichte. Zugleich ist sie ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass die Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung ihre Relevanz und Erklärungskraft für die Geschichte der "Modernen" des 20. Jahrhunderts noch lange nicht eingebüßt hat.

Andrew Evans hat sich derweil eines Buches über den Zusammenhang von Geld und politischer Kultur in der DDR angenommen:

Jonathan R. Zatlin: The Currency of Socialism: Money and Political Culture in East Germany. Cambrige: CUP 2007, pp. 377.

Sein sorgsam abwägendes Resümee: 

Zatlin’s book is exciting and wide-reaching because it skilfully illustrates the interactions between the political, ideological and economic calculations taking place in GDR socialism and vividly illustrates the increasing discord between ideological aims, political strategies and economic practice. It is here that the book implicitly raises questions that it does not attempt to answer. If the socialist systems in Eastern Europe remained to some extent predicated on money and the mechanisms of the market, what was the alternative to this? Was there a possible economic rationale that did not conflict with the SED’s political goals, or did its political model inevitably make for a contradictory economic policy? Nevertheless, Zatlin’s illustration of the GDR economy is an unusually complete one because it uses money to underscore the links between production and consumption. The party’s partial abolition of money created a shortage economy that paradoxically made the SED more dependent on Western money. The consequent diminishing role for Eastern money led to an inflation of consumer demand for Western goods, lifestyle and currency which only worsened the shortages. Zatlin combines an impressive collection of primary sources and compelling case studies to create a highly readable account of this economic downfall.

Thomas Schubert berichtet wiederum von einer Konferenz aus dem April, die sich des Themas "Ideologie und Lebensalltag - vom Kitt des DDR-Systems" annahm. Seine ausführliche wie genaue Darstellung kommt nicht umhin, die Frage aufzuwerfen, inwieweit die Gespräche und Verständigungsformen der ehemals "Ostdeutschen" als ausreichend zielführend einzustufen sind; so etwa wenn er meint:

Diese Verschränkung verschiedener zeitlicher, begrifflicher und thematischer Ebenen irritierte jedoch eher und ließ eine strukturierte Debatte nur ansatzweise aufkommen. Die angestrebte Kopplung der Frage nach dem Verhältnis von Ideologie und Lebensalltag in der DDR an die aktuelle Gerechtigkeitsdebatte schien die Podiumsteilnehmer zu überraschen. Zumindest reichte die Zeit nicht, um zwischen Darstellung und Interpretation von damaligen und heutigen Positionen in einer für das Publikum unmissverständlichen Weise zu differenzieren. Gleiches galt für die gebrauchten Sozialismusbegriffe. [/] Angesichts dessen schlug Thomas Ahbe vor, erst einmal "die Diskussion über die Frage der sozialen Gerechtigkeit aus der Geiselhaft der DDR-Diktatur zu befreien". Ein anderer bedenkenswerter Hinweis zur Fortführung der Debatte stammte von Martin Sabrow. Dieser erinnerte an das eigentliche Thema der Tagung und mahnte mit Recht eine Trennschärfe in den Begriffen und zwischen den zeitlichen Ebenen an. Bezüglich der vom Podium zu behandelnden Frage stellte er treffend fest, dass die Disputanten "die Frage irgendwie leben aber nicht beantworten konnten".

 

 

 


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Senior Editor

Seitenwechsel. Geschichten vom Fußball. Hgg. v. Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bohmann 2008, 237 pp.
(Weitere Informationen hier)
Transcarpathica. Germanistisches Jahrbuch Rumänien 3-4/2004-2005. Hgg. v. Andrei Corbea-Hoisie u. Alexander Rubel. Bukarest/Bucuresti: Editura Paideia 2008, 336 pp.
[Die online-Fassung meines Einleitungsbeitrags "Thesen zur Bedeutung der Medien für Erinnerungen und Kulturen in Mitteleuropa" findet sich auf Kakanien revisited (Abstract / .pdf).]
Seitenweise. Was das Buch ist. Hgg. v. Thomas Eder, Samo Kobenter u. Peter Plener. Wien: Bundespressedienst 2010, 480 pp.
(Weitere Informationen hier wie da, v.a. auch do. - und die Rezension von Ursula Reber findet sich hier [.pdf].)
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