Blutsauger

posted by ush on 2008/10/29 09:48

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Die Aktenlage zu Vampirvorfällen im Habsburgerreich ist ergiebig, auch wenn die sekundäre Beschäftigung mit vampirischen Epidemien jene bei weitem übertrifft. Wie sowohl die Akten als auch die Wissenschaftsgeschichte zu Vampirismus im Habsburgerreich zu bewerten ist, dessen nimmt sich in seinem Vortrag Blutspuren. Die Geschichte der Vampire Hagen Schaub (Studieum der mittleren und neueren Geschichte sowie neuere deutsche Literaturwissenschaft und Geographie in Marburg a.d. Lahn, Wien und Gießen; Tägigkeit in einem Wiener Buchverlag tätig) morgen, am 30.10.2008 um 18.00 Uhr im Vortragssaal des Josephinum an.

Jenseits der Diskussion zur etymologischen Herkunft des Vampirs und seiner unterschiedlichen Bezeichnungen steht die Wissenschaft im Grunde noch immer vor der Frage, wie die überlieferten Berichte über angebliche Vampirvorfälle zu bewerten sind.

Auch wenn es inzwischen zahlreiche wissenschaftliche Ansätze zu dieser Frage gibt, die von eher wenig wahrscheinlichen Überlegungen wie Porphyrie- oder Tollwutepidemien bis hin zu durchaus plausiblen Ansätzen wie einer Milzbrandseuche oder dem Wirken des Mutterkorns reichen, bleibt doch noch immer ein wesentlicher Teil der überlieferten Berichte außer Ansatz: Wie konnte es sein, dass Zeugen immer den gleichen unter Vampirverdacht stehenden "Untoten" gesehen haben und warum hörte das unerklärliche Sterben mehrerer Menschen als Opfer des Vampirs plötzlich wieder auf, da man den verdächtigen Vampir exhumierte und mittels Pfählung und/oder Verbrennen unschädlich gemacht hatte?

Die Beantwortung dieser Frage ist letztlich auf Mutmaßungen angewiesen, aber es gibt durchaus Ansätze, die zeigen, dass man bei der Interpretation der historischen Berichte nicht unbedingt alles so verstehen muss, wie es die Aktenberichte und Zeugenaussagen nahe legen.

Schon die Frage, was die Menschen unter einem gut erhaltenen Vampirleichnam verstanden, zeigt, dass hier nicht unbedingt rationales Wissen anzuwenden ist. Einige wenige Quellen sowie Ausflüge in die Mentalitätsgeschichte legen nämlich den nicht unbegründeten Verdacht
nahe, dass diesbezügliche Berichte nicht immer das wiedergeben, was wirklich vorgefunden wurde.

Auch die Bedeutung der Aktenberichte über Vampirvorkommen im Bereich der österreichischen Militärgrenze von 1725 und 1732 ist eigentlich nicht klar und man sollte sich hüten, diesbezüglich wirklich von einer Epidemie zu sprechen, die ganz Europa in Atem hielt. Zumal auch die daraus resultierende sogenannte Vampirismusdebatte möglicherweise gar
keine so große Rolle spielte, wie es die durchaus zahlreicheren Werke vermuten lassen.

War der Vampir daher gar nicht so bedeutend, wie es seine aktuelle Präsenz im Horrorgenre nahe legt? Ein Vergleich mit der gut dokumentierten Hexenverfolgung, aber auch mit anderen Prozessen zu abergläubigen Vorstellungen legt diesen Verdacht nahe. Und inwieweit die These, dass die Vampire letztlich zum Verschwinden der Hexenverfolgung
beigetragen haben, noch aufrechtzuerhalten ist, ist zumindest hinterfragbar.

Ein kleiner Ausflug in die Kunstgeschichte soll die Thematik abschließen. Hierbei soll die Frage diskutiert werden, warum der Vampir -- im Gegensatz zur Hexe -- in der darstellenden Kunst des 17. oder 18. Jahrhunderts, also zum Zeitpunkt seiner größten Popularität, offenbar
keinen Niederschlag fand. Hatte das etwas mit seiner im Grunde geringen Bedeutung zu tun oder kann man dafür einen anderen plausiblen Grund  finden?

Hagen Schaub: Blutspuren. Die Geschichte der Vampire. Auf den Spuren eines Mythos. Leykam Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-7011-7628-1, € 19,90


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Einblicke in Editor's Welt. Interessiert an Geisteswissenschaften, staunend über Medien, Tendenz zum Bizzarren, vor allem in der Literatur. Über Anregungen, Kritiken, Kommentare freuen sich Usha Reber (editor@kakanien.ac.at und János Békési (webmaster@kakanien.ac.at).
The workshop Balkan Studies - quo vadis? is held on April 25, 2009.

Venue: HS, Inst. Slawistik, AAKH / Campus
The programme is to be found here, the abstracts are available as Balkan Studies 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, and as pdf.
Ort: HS, IOG, AAKH, Spitalgasse 2, 1090 Wien
Zeit: 2. bis 4. April 2009
Veranstalter: IOG, Kk.rev
Funding: Fritz-Thyssen-Stiftung, Köln

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