Jahr des Open Content

posted by ush on 2008/01/06 10:17

[ Accessibility | Open Access ]

Der Senior_Editor hat bereits darauf verwiesen: Nachdem das "Jahr der Geisteswissenschaften" recht sang- und klanglos zu Ende gegangen ist, befinden wir uns nun im Jahr des Open Content. Irgendwelche Revolutionen hinsichtlich des Respekts und des Nutzens von Open Access und Content dürften ebenso wenig zu erwarten sein, wie für die Geisteswissenschaften. Vielleicht gibt es bald ein paar Graduiertenkollegs zu diesem Thema.

Ein bisschen erinnert das vereinzelte Feiern und die neue Erinnerungskultur von Geistes-, Kultur- und Wissensgütern ja schon an Abgesang. Oder an Schützenswertes, Bedrohtes aus dem Kulturbereich, entsprungen aus einer tiefen Verunsicherung. Vielleicht befinden wir uns ja doch in einer tiefer gehenderen Umbruchzeit, als wirklich so recht zumerken ist.

Die Diskussion von Open Content findet vor allem hinsichtlich der Wissensvermittlung statt, derart dass Open Content Plattformen in der Vermittlung und Lehre eingesetzt werden, wobei immer noch die Angst vor Copy & Paste, der Qualitätssicherung und nicht zuletzt der Überprüfbarkeit von Wissen dient. Dabei mutet die Frage aus dem entsprechenden Katalog, "Kann Wissen elektronisch überprüft werden?", ein wenig absurd an bzw. erinnert an ein System, in dem Lehrpersonen schlicht durch E-Learning-Systeme ersetzt würden. Unterricht durch die freundliche Stimme aus dem Off, die dann auch die Klausuren und Prüfungen abnimmt?

Grundsätzlich wäre das ja auch möglich. Ich bin sicher, dass sich derart im Lehrbetrieb noch enorm viele Stellen einsparen ließen, die freilich anderweitig für die Systemwartung und -fütterung etc. wieder eingesetzt werden müssten [Ironie-Tag].

Nun, wie immer das Jahr des Open Content verschiedenorts begangen werden wird, setzen wir hier unsere Tradition von Open Content & Access fort, wortlos in der Praxis und kommentierend im Weblogbereich.


Antworten

01 by PP at 2008/01/06 16:26 Bitte registrieren und/oder loggen Sie ein, um zu antworten

Mit Hilfe eines Verweises von Anton Tantner sei noch ein kleines Schäufelchen nachgelegt: Stefan Heidenreich zieht in der taz eine Bilanz des in Deutschland soeben abgelaufenen Jahrs der Geisteswissenschaften. Besonders schön im Sinne fälliger Klarheit sind dabei Anmerkungen wie jene zu den Sammelbänden:

Der Schauplatz der Lösung liegt im Netz. Denn es treibt nicht nur den kulturellen Wandel an, sondern bildet auch das Fundament künftiger Wissenschaften. Das Netz ist nicht die Gefahr, sondern die Gelegenheit für die Geisteswissenschaften, wahrscheinlich die letzte Gelegenheit zur Rettung, wenn man es dramatisch sehen will. Es betrifft die Kulturwissenschaften nicht nur als Gegenstand, sondern auch methodisch. Noch zeichnet sich die Zukunft nur schemenhaft ab, sowohl was die Zirkulation von Texten und Thesen betrifft als auch die Formen der Lehre und des Austauschs von Wissen. Andere Disziplinen sind dort weiter als die Geisteswissenschaften. Nicht nur Informatiker weisen den Weg, sondern auch all jene teils unter Programmierern und Hackern, teils in Unternehmensberatungen entwickelten Lehr- und Lernformen, die derzeit nur ganz langsam in die Universitäten einsickern.
Die dort herrschende Rückständigkeit zeigt sich wohl am deutlichsten in der Tradition der Sammelbände. Sicher ist und bleibt ein Buch das bevorzugte Medium des Lesens. Sobald es aber beim Lesen um die Zirkulation von Wissen, von Thesen und Gedanken geht, ist das Netz dem Papier überlegen. Dennoch bestehen gerade die Vertreter der Geisteswissenschaften darauf, für das Fachpublikum bestimmte Aufsätze und Doktorarbeiten repräsentativ in Buchform vorzulegen, zumeist mit Hilfe horrender Druckkostenzuschüsse. Dieses Geld wird zu einem geradezu widersinnigen Zweck verschwendet. Anstatt im Netz frei verfügbar zu sein, dämmert der Fachaufsatz zwischen Buchdeckeln in ausgewählten Bibliotheken vor sich hin. Der Wille zum Wissen kommt gegen den Willen zur Repräsentation nicht an.

Selbstredend ist dieses Posting auch Teil eines Redens pro domo, in diesem Falle aus der Sicht des "kakanischen Hauses". Allein deshalb ist es jedoch noch nicht falsch.

02 by ush at 2008/01/06 17:02 Bitte registrieren und/oder loggen Sie ein, um zu antworten
Ich weigere mich verständicherweise, von allerletzen Chancen der Geisteswissenschaften zu reden, überhaupt daran zu denken, - mein Boot sinkt nicht! - aber hinsichtlich der Widersinnigkeit von Journals zwischen Buchdeckeln (aus lummelig-labbrigem, miderwertigen, falsch auf Hochglanz gebrachtem Papier) ist eine unumstreitbare Tatsache.
Wieso auch nicht ganz offen: Kakanien revisited macht es "richtiger"!

Editor

Einblicke in Editor's Welt. Interessiert an Geisteswissenschaften, staunend über Medien, Tendenz zum Bizzarren, vor allem in der Literatur. Über Anregungen, Kritiken, Kommentare freuen sich Usha Reber (editor@kakanien.ac.at und János Békési (webmaster@kakanien.ac.at).
The workshop Balkan Studies - quo vadis? is held on April 25, 2009.

Venue: HS, Inst. Slawistik, AAKH / Campus
The programme is to be found here, the abstracts are available as Balkan Studies 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, and as pdf.
Ort: HS, IOG, AAKH, Spitalgasse 2, 1090 Wien
Zeit: 2. bis 4. April 2009
Veranstalter: IOG, Kk.rev
Funding: Fritz-Thyssen-Stiftung, Köln

Programm, Abstracts (.pdf)
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