Empirie und/and Empire

posted by Katalin Teller on 2008/01/16 11:55

Ein französisches Unterfangen der École Doctorale of the Institut d'Études Politiques de Paris (Sciences Po) und der Association for the Study of Nationalities (ASN), das angesichts unseres demnächst publik werdenden Calls für Emergenzen 6 zu monströsen Kollektiven und der EU vermehrt Aufmerksamkeit verdient, widmet sich in ihrer Tagung den Fragen der empire and nation building.

Das Begriffsfeld Reich und Nation ist ja gerade auf der räumlichen Schnittstelle zwischen der alten EU und dem neuen Russland (das in der Sciences Po den Forschungsschwerpunkt bildet) eine heikle, wenn nicht beinahe politically incorrect Frage im Vergleich zu EUphorischen Auslassungen der Brüsseler Entscheidungsträger, die freilich nicht selten durch Gegenstimmen abgeschwächt werden wie bspw. durch einen beachtlich langen Aufsatz von Perry Anderson, der noch in der Winternummer der Berliner Lettre International erschien und aus dem ein bedauernswert kurzer Auszug auch online zu lesen ist.

Weit hergeholt kann es dünken, wenn ich indessen auch noch auf den bereits seit mehr als einem Monat auf Kakanien publizierten und hinreißend gebloggten Aufsatz von Annegret Middeke verweise, dessen Autorin sich mit als utopisch eingestuften Romanen von Andrej Platonov auseinandersetzt. Platonovs Romane können nämlich nur bedingt in die Reihe utopischer Schriftstücke eingereiht werden, ja, diese Kategorisierung wird nicht selten auf das Konto einer westlich-eurozentrischen Lesart geschrieben - Platonov, so bspw. Igor Smirnov in seinen Konstanzer Seminaren, fiel nicht im Geringsten ein, die Inhalte auf einen Nicht-Ort zu rücken. Kotlovan, dt. Die Baugrube, ein Versprechen einer besseren Welt wollte doch gerade und im wörtlichen, empirischen Sinne den Bau eines heilen, kommunistischen Reiches - freilich mit all seinen Pannen - vor Augen führen.

Ob sich angesichts der Lobgesänge auf die EU, die sich u.a. als zwischenstaatliche BrückenbauerIn versteht, ein kritischer Zugang anbahnen lässt, wird eine der Fragen des Emergenzen-Workshops von Kakanien sein. Dazu nun ein Fotobeitrag aus unbekannter, aber umso verdienstvoller Quelle, der den Sinn von Bautätigkeiten zu erkunden versucht.

BürgerInnen! Der Durchgang durch die Brücke ist gesperrt! Es gibt keine Brücke!

 Bürger! Der Durchgang durch die Brücke ist gesperrt! Die Brücke gibt es nicht!


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