Veranstaltungen - Conferences - Part 22
posted by SHorváth on 2006/10/03 01:55
[ Veranstaltungen - Conferences ]
Prozess / BeobachterFilm-Bilder und Fern-Sehen: NS-Verbrechen vor Gericht
5. bis 7. Oktober 2006
Am 1. Oktober jährt sich zum 60. Mal die Urteilsverkündung im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess des alliierten Militärgerichts gegen führende Offiziere und Funktionäre Nazi-Deutschlands. Neben seinem Status im Feld des internationalen Rechts ist dieses elfmonatige Verfahren auch zur Medien-Ikone geworden - und war bereits damals ganz auf Medialisierung und Beobachtung hin inszeniert: Im Saal wurden Filme als Beweismittel projiziert, wurde aufgezeichnet und übertragen; davon zeugen etwa die Sonnenbrillen (wegen kameratauglicher Beleuchtung) und Kopfhörer (für Simultanübersetzung) von Göring, Speer, von Schirach, Kaltenbrunner und den 17 anderen Angeklagten.
Davon ausgehend, widmet sich die Tagung Prozess / Beobachter der Rolle des Films: dem Beobachten des Prozesses und dem Prozessieren der Beobachtung.
Es geht um Inszenierung und Einsatz von Kino-
Bildern und späteren TV-Bildern, die auf das prominente Tribunal (zurück)schauen - sowie auf die zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse 1946-49 u.a. gegen Ärzte, Juristen und Industrielle und auf spätere Verfahren gegen NS-Verbrecher, etwa
das Jerusalemer Verfahren gegen Adolf Eichmann oder das ausgebliebene Wiener Verfahren gegen Heinrich Gross. Es geht um filmische Formen des Dokumentierens und Propagierens von Urteilen, des Dramatisierens von Wahrheitsfindungen im courtroom drama (z.B. "Judgement at Nuremberg", 1961), des Dechiffrierens ethisch-politischer Problemlagen wie etwa in den Filmessays von
Marcel Ophüls. Zur Diskussion filmischer Sicht- und Denkbarmachung nationalsozialistischer Menschheitsverbrechen bieten die film-, medien- und geschichtswissenschaftlichen Vorträge
von Prozess / Beobachter Thesen und Anschauungsmaterial.
Eine Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte in Zusammenarbeit mit dem Ludwig Boltzmann-Institut für Geschichte und Gesellschaft und dem Filmmuseum.
Vorträge bei freiem Eintritt im Österreichischen Filmmuseum (Programmbeschreibung auf der Homepage), Augustinerstraße 1, 1010 Wien
Donnerstag, 5. Oktober
17.30 Frank Stern
Meister aus Deutschland und Zeugen aus der Hölle. Dokumentar- und Spielfilm als bleibend-ambivalente Zeitbilder
Freitag, 6. Oktober
14.00 Michael Loebenstein
Atrocity Exhibition. Filmarchive, Archivfilme und die Musealisierung der Menschheitsverbrechen
15.30 Drehli Robnik
Gerichtete Absichten. Verschieben, Versprechen, Erscheinen: Urteile über NS-Verbrechen in Spielfilmen der 1950er Jahre
17.00 Cornelia Vismann
Visible Justice. Die cinematografische Dimension der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse
Samstag, 7. Oktober
11.30 Hito Steyerl
Nur ein Stein ist unschuldig. Dokumentarische Evidenzverfahren und juristische Formen
14.00 Vrääth Öhner
Anklage und Verteidigung. Zu Rolle und Funktion von dokumentarischem Bildmaterial in den Sendungen des deutschen Fernsehens über NS-Kriegsverbrecherprozesse
15.30 Monika Bernold
Televisuelle Anschauungen des Tribunals im ORF. Beispiele, Situierungen, Zeitlichkeiten
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