Call for Papers-Call for Applications - Part 75
[ Call for Papers-Call for Applications ]
Das Graduiertenkolleg Geschlecht als Wissenskategorie an der HU Berlin lädt zu der Konferenz vom 21.-23. Juni 2007 De/Konstruktionen von Okzidentalismus. Eine geschlechterkritische Intervention in die Herstellung des Eigenen am Anderen ein. Deadline: 01.11.2006.In Debatten um 'Parallelgesellschaften', Integrationspolitiken und die 'Demokratietauglichkeit' von ImmigrantInnen aktualisieren sich nicht nur Ängste vor 'Überfremdung', sondern die Beschreibungen des 'Fremden' dienen auch einer Absicherung und Neukonstruktion des (unausgesprochenen) 'Eigenen'. Das legt theoretisch eine Bezugnahme auf den Begriff 'Orientalismus' (Edward Said) nahe, der Konzepte eines orientalischen 'Anderen' als Konstruktionen kolonialer Überlegenheit analysiert hat.
Angesichts von gegenwärtigen 'Cultural Wars' gegenüber muslimischen und anderen als 'fremd' identifizierten ImmigrantInnen in europäischen Einwanderungsländern kann von einem Neo-Orientalismus gesprochen werden. Dieser steht im Zusammenhang mit Euro- und Ethnozentrismus, der in postkolonialen Theorien auch 'Okzidentalismus' (Fernando Coronil) genannt wird. Die Tagung will sich mit einer Neukonstruktion von 'Abendländischkeit' im Sinne eines 'kritischen Okzidentalismus' befassen. Diese neue Okzidentalität wird über angeblich unüberbrückbare kulturelle 'Differenz' argumentiert, die sich angeblich vorwiegend in geschlechts- und sexualpolitischen Feldern (Patriarchat, Kopftuch, Zwangsheirat) manifestieren soll. Die Konferenz wird sich dementsprechend um einen Transfer genderkritischer postkolonialer Theorie auf deutsch/europäische Verhältnisse bemühen.
Ziel des Unternehmens ist es, über eine hegemonie(selbst)kritische Dezentrierung von Okzidentalität, Wege zu einer Unterbrechung der Konstruktion des 'Eigenen' am 'Anderen' zu diskutieren. Folgende thematische Schwerpunkt-Panels sind geplant:
- Wissen – Glaube – Geschlecht.
Wie europäisch ist Wissenschaft? Wie christlich ist Europa? Wissen, Glaube und Geschlecht bilden ein Netz von gesellschaftlichen Differenzierungen und Hierarchisierungen. Als naturwissenschaftlich erscheint nur das, was sich seit dem 17. Jahrhundert in Westeuropa entwickelt hat. Als humanwissenschaftlich erscheint nur das, was Aufklärung erfolgreich absolviert hat. Solchen okzidentalistischen (Selbst-) Entwürfen soll in dem Panel historisch und wissenschaftsgeschichtlich nachgegangen werden. Dazu sollen Verdrängungen und Vereinnahmungen nicht-christlicher Wissensarchive und Techniken ebenso thematisiert werden wie die (Re-) Konstruktionen orientalistischer Fremdbilder. Und es wird nach den Sexual- und Geschlechterökonomien zu fragen sein, die das Wissen und Selbstbild der "aufgeklärten" deutschen/europäischen Gesellschaften strukturieren. - Hegemoniekritische Theorien im Dialog.
Hier geht es um die Sichtung und Diskussion von Versuchen, Neo-Rassismen und die symbolische Produktion von Okzidentalität im politischen und medialen Feld zu theoretisieren. Zentral sind dabei Schnittstellen und Interdependenzen zwischen unterschiedlichen hegemoniekritischen Ansätzen und Gender-Perspektiven wie postcolonial theory, masculinity- und critical whiteness studies, sowie queer theory. Es soll gefragt werden nach einer theoretisch produktiven Auflösung von Grenzen, nach dem interdependenten und unfixierbaren Charakter von sowohl Identitäts- als auch Analysekategorien, und danach wie und ob sich 'dritte Räume' erschließen. Es soll aber auch beleuchtet werden, wie das emanzipative Potenzial sogenannter "Trans"-konzepte für eine Zirkulation von (kulturellem) Kapital verwertbar gemacht werden kann. Der Schwerpunkt dieses Panels liegt auf Kategorien und politischen Interventionen, die Identitätsangebote jenseits von Nation, Staatsbürgerschaft, Ethnizität und Geschlecht suchen. - Okzidentalismus – Ökonomiekritik – neue Allianzen.
Okzidentalismus ist als diskursive Praxis eng mit globalisierten ökonomischen und politischen Interessen verbunden, die sich zu ihrer Durchsetzung eines breiten Spektrums an Gewaltanwendungen bedienen. Abendländische Akteure dieser Praxen bedürfen der beständigen Re/Konstruktion von Andersheiten, um sich ihrer selbst zu vergewissern und ihre Ansprüche zu legitimieren. Die weit reichenden sozioökonomischen Transformationen werden von Konstellationen extremer Ungleichheit begünstigt, zugleich aber auch widerständig herausgefordert. Neben Analysen der Verkopplung von Gewalt und globalisierten Ökonomien interessieren uns widerständige Allianzen und Strategien sozialer und politischer New Communities und ihre transnationalen und antipatriarchalen Potentiale. Welche Relevanz haben Begriffe wie Demokratie und Zivilgesellschaft in diesen Zusammenhängen? - 'Kritischer Okzidentalismus'
Eine solche Erkenntnisperspektive soll als Instrument der Hegemonie(selbst)kritik produktiv gemacht werden. Untersucht werden soll hier, wie sich Okzidentalität in politischen, medialen und Alltagsdiskursen von Einwanderungsgesellschaften herstellt. Wie z.B. bildet sich in Abgrenzung (oder Konstruktion) von nicht-weißen nicht-abendländischen 'Anderen' eine neue Vorstellung von Nation und Staatsbürgerschaft? Im Fokus steht dabei die Verknüpfung von (Neo)-Rassismus und Sexualpolitik. Warum z.B. fixieren sich gegenwärtige 'neo-orientalistischen' Besorgniskulturen auf ein sogenanntes 'orientalische Patriarchat', oder warum ist die Bildkonstellation Kopftuch/Frauen-Unterdrückung so wirkmächtig? Es ist danach zu fragen, inwieweit sich Abendländischkeit als säkulare Liberalität und Geschlechterdemokratie neu definiert und wie 'feministisch' die Leitkultur ist.
Erbeten sind Abstracts auf Deutsch oder Englisch mit einer Länge von 200 Wörtern. Bitte senden Sie uns auch einen kurzen CV (max. 1 Seite) mit Ihrer aktuellen Kontaktinformation. Darüber hinaus bitten wir Sie darum, Ihr Abstract einer der vier thematischen Sektionen der Konferenz zuzuordnen:
A (Wissen – Glaube – Geschlecht)
B (Hegemoniekritische Theorien im Dialog)
C (Okzidentalismus – Ökonomiekritik – Neue Allianzen)
D ('Kritischer Okzidentalismus')
Die Deadline für Abstracts ist der 01. November 2006. Bitte schicken Sie Ihr Abstract und Ihre biografischen Informationen an: gradkollgeschlecht@hu-berlin.de
Es ist uns leider nicht möglich, Kosten für die An- und Abreise zur Konferenz zu übernehmen. Wir bitten Sie deshalb darum, sich bei Ihren Heimatinstitutionen um entsprechende Gelder zu bemühen.
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