Gender - Part 18

posted by usha on 2005/12/10 13:37

[ Gender ]

Es ist Wochenende - auch wenn das ohnehin nur Tage wie alle anderen sind - und ich muss noch ein wenig Unmut loswerden: Die Lektüre des Artikels "Im Schoß des Hörsaals" in der Zeit verdarb mir den späten Morgen.

Schon bereits der Ausdruck "reproduktiver Beitrag zur Gesellschaft" im Untertitel des Artikels, der zwangslos mit solchen wie "Gebärpotenzial" fortgesetzt und gesteigert wird, ist geeignet in einer neuerlichen Objektivierung von Frauen jede Leserin in den Wahnsinn zu treiben.

Die hier - von einem Mann - vorgestellte und propagierte, von einer Frau jedoch entworfene Twenty-Mom, sprich: der Studentitn, die ihr "Gebärpotenzial" optimal ausnutzt und sich biologisch-gesellschaftlich reproduziert, wird in der zweiten Hälfte des Beitrags zu Recht gescholten. Wenn auch aus den falschen Gründen, wie ich meine.

Mutterglück und weibliches Schicksal steht als Mythos nach wie vor hinter dieser Diskussion. Abseits aller fast durchgängigen frauen- und mütterfeindlichen Strukturen von Job, Karriere und Familie stehen hinter dem Bedauern der Akademikerinnenkinderlosigkeit einige Tabu-Prämissen: a) Frauen müssen Kinder/Familie haben, um zu ihrem Glück zu finden (abgesehen davon, dass es ihr "gesellschaftlicher Auftrag" ist); b) Akademikerinnenkinder sind genetisch begünstigt und daher besonders förderungswürdig; c) über die Gebärfähigkeit gerät die Zeugungsfähigkeit im Zusammenhang mit Familie erneut ins Hintertreffen und werden Geschlechterrollen festgeschrieben. Über den gesellschaftlichen Reproduktionsauftrag von Männern muss nicht en detail geredet werden.

Was wäre jetzt aber, wenn gerade Akademikerinnen zu großen Teilen gar nicht so bedauernswert sind, nur von außen am Familien-, sprich: Kinderglück gehindert zu werden, sondern sich bewusst dagegen entscheiden?

Keine Frage: die strukturelle Erleichterung der Familienbildung für Akademikerinnen und alle anderen Frauen ist mehr als erwünscht; dann aber rede man bitte nicht vom Gebärpotenzial und Reproduktionsauftrag. Es soll den Frauen in erster Linie geholfen werden, die Kinder haben und wollen; seien sie nun Reinigungskräfte, Frisörinnen, Sekretärinnen, Managerinnen oder Akademikerinnen. Es soll aber auch zugestanden werden, dass "Reproduktion" nicht nur auf Schicksal, sondern auch auf Entscheidungen beruht. Wenn eine Frau in welchem Beruf auch immer "so richtig" Karriere machen will, steht ihr eben kaum das männliche Prinzip der unbeteiligten Reproduktion frei, sondern bedeutet zumeist das Nichtwahrnehmen dieses "Auftrags". Lasse frau sich nicht einreden, dadurch ihr Leben nicht zu leben und ihr Schicksal nicht zu erfüllen.


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