Bosnien | Bosnia - Part 16

posted by olivera on 2005/08/18 23:10

[ Bosnien | Bosnia ]

In Sarajewo findet derzeit die viertägige Konferenz "Pathways to Reconciliation and Global Human Rights" statt, ca. 300 TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt diskutieren noch bis morgen Abend über "Aussöhnung" als eines der zentralen Anliegen der internationalen Menschenrechtsorganisationen.

Auf der nunmehr vierten Konferenz zum Thema "Pathways to Reconciliation" soll der "bosnischen Fall" in einen globalen Kontext gestellt und analysiert werden.
In einem Bericht über den zweiten Konferenztag konnte man in Nezavisne Novine heute vor allem über die Ausführungen des UNDP Deputy Resident Representative für BiH Stefan Priesner lesen.
In einer leider nicht genauer benannten und auf der Homepage nicht auffindbaren Untersuchung konstantierte UNDP, dass jede/r vierte BiH-Bürger/in einen erneuerten Konflikt befürchtet, sollte sich die internationale Gemeinschaft aus Bosnien zurückziehen.
Im Aussöhnungsprozess wird der Rechtssprechung eine große Rolle zugesprochen, alle Kriegsverbrecher sollen vor Gericht gestellt werden – 55% der Befragten würden die Gründung eine Kommission für Wahrheit und Aussöhnung begrüssen. Auf Grund dieser Befunde, möchte UNDP nun die Errichtung einer staatlichen Plattform für Gründung einer Kommission, sowie lokale Gerichte die Kriegsverbrechen prozessieren, unterstützen.

Die möglichst restlose Aufklärung aller Kriegsverbrechen ist der wichtigste Schritt auf dem langen Weg zur Annährung und Aussöhnung der drei ethnischen Gruppen. Bisher ist dies - bis auf wenige Ausnahmen - eine mehr oder weniger gut ausgeführte Aufgabe des ITCY gewesen. Weniger unter auch deswegen weil – und dies ist zum Teil auch der mangelhaften öffentlichkeitsarbeit der Zuständigen zuzuschreiben – dieses Gericht bei vielen Menschen (aller Volksgruppen) abgelehnt wird. Sie sehen ihre Anliegen und "ihre Wahrheit" dort nicht vertreten. Ich wage es keine Prognose darüber zu machen, ob eine eventuelle Verlegung einzelner zu verhandelnder Fälle nach Bosnien den Wahrheitsfindungsprozeß weiterbringen würde.
Die Wahrheit zu finden ist eine Sache der Unmöglichkeit, zumal es "in Bosnien mindestens fünf Wahrheiten gibt", dies sagte gestern der Konferenzteilnehmer und NGO-Vertreter Miodrag Živanović. Die jeweilige Wahrheit der drei Volksgruppen, die der Vertriebenen aber auch die Wahrheit der internationalen Gemeinschaft, sie alle stehen auf dem Weg der Aussöhnung die eine unabdingbare Voraussetzung für darauffolgendes Vertrauen ist. Bosnien befinde sich heute von der Versöhnung noch viel weiter entfernt als vor zehn Jahren, erklärte Živanović weiter, und machte unter anderem die Verfassung des Landes, den dreigeteilten Finanzappart und die drei verschieden Unterrichtspläne.
Die, unter anderem durch diese Faktoren verursachten, Unterschiede werden immer größer und spürbarer – es entstehen zwei, oder gar drei, ethnisch einheitliche Regionen die sich mittlerweile, nicht zuletzt ökonomisch, deutlich voneinander unterscheiden.
Einheitliche Schulpläne, von der Hasssprache gereinigte Schulbücher wären ein guter Anfang, den hier gibt es noch große Defizite.


Ich würde gerne diesen Eintrag mit einer positiven Aussage zur weitern Entwicklung der bosnischen Versöhnung beenden. Das kann ich nicht tun. Nicht nur weil an diesen in letzter Zeit Mangel herrscht, oder weil ich mir eine solche nicht abringen kann – ich könnte.
Ich könnte von der jungen, aufgeschlossen Mensche berichten die kürzlich engagierte und intelligente Forderungen an die Regierung(en) stellten. Doch derweilen sind es lediglich Forderungen die hoffentlich von den Verantwortlichen die verdiente Beachtung finden.
Es wird vermutlich, wie gesagt, auch weitere optimistisch stimmende Beispiele geben, aber ich möchte mit Zitaten des Soziologen Hidajet Repovac und des bereits erwähnten Miodrag Živanović enden. Vor ca. zwei Jahren führten sie ein Gespräch mit der kroatischen Zeitschrift Zarez, nach dem Hass in Bosnien gefragt antwortete Repovac:

Ich glaube der Hass hat ziemlich gefährliche, ich würde sagen erschreckende Ausmaße angenommen. Dieser unser bosnisch-herzegowinische Raum ist den Menschen die hier leben fremd geworden.
Die Menschen sind wohl einander und sich selbst fremd geworden. "Eine morbide mentale Struktur" diagnostizierte anschliessend sein Gesprächspartner Živanović der bosnischen Gesellschaft.
Wahrheitsfindung – Aussöhnung – Vertrauen. Der Heilungsprozeß ist ein langwieriger, er muss endlich angegangen werden.


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