Gender - Part 10

posted by hoefi on 2005/07/15 09:06

[ Gender ]

Geschüttelt oder gerührt? - So lautet die Frage an der Bar. Im Sitzen/Stehen/Hocken/Gehen - oder etwa im Liegen? – So ähnlich scheint wohl die Gretchenfrage in der modernen, geschlechtergerechten Geburtshilfe zu lauten, wenn man den Blogeintrag Svjetlans im kakanischen Partnerweblog "Zagreb" liest...

Hier scheint sich für mich nun ein Kreis zu schließen: Bei unseren diversen Vorarbeiten und Recherchen zum kakanischen Weblog-Projekt (der zweite Call for Applications in Kürze hier in diesem Blog!) trafen wir im Netz immer wieder auf Weblogs, die sich ebenjenes Themas annahmen: Schwangerschaft und Geburt, siehe beispielsweise hier - wie auch schon von Olivera geschildert.
Als moderne WissenschaftlerInnen sind freilich auch wir Kinder unserer Zeit und darum nicht wirklich verwundert, was die Präsenz dieser Phänomene im Netz betrifft:

Die Historiker, hierin vergleichbar mit viktorianischen Bürgern, haben lange gezögert, die Schwelle zum Privaten zu überschreiten, aus Schamgefühl, Unkenntnis und Respekt vor dem Wertesystem, das den "öffentlichen Menschen" zum Helden und Akteur der einzigen Art von Geschichte erklärte, die beachtet und überliefert wurde: die große Geschichte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. [...] Das Private zu erforschen ist ein Experiment der Gegenwart.
so Michelle Perrot in ihrer Einleitung zum 4. Band der Geschichte des privaten Lebens, Hg. Philippe Ariès u. Georges Duby, Augsburg: Weltbild 2000 (Lizenzausgabe S. Fischer, Frankfurt/M. 1992), p. 7. Und es ist ein Experiment, das lässt sich wohl mit Fug und Recht behaupten – sowohl was die Erforschung des Privaten als auch die Erforschung im Privaten bezüglich des obgenannten Themas betrifft.

Wo also soll geboren werden – und wie? Noch im 19. Jahrhundert eine einfach zu beantwortende Frage, glaubt man Perrots Ausführungen auf S. 158 im selben Band:

Eine Geburt ist ein höchst privates und genuin weibliches Ereignis, selbst in der Art und Weise, wie darüber gesprochen wird oder wie man sich daran erinnert – ein unerschöpflicher Gesprächsstoff. [...] Im Krankenhaus zu gebären war ein Zeichen von Armut, mehr noch: von Schande und Verlassenheit. Hier strandeten unverheiratete Frauen, die in der Stadt entbanden, bevor sie das Kind aussetzten.
Wie sich doch die Zeiten geändert haben! Ob zum Besseren, das möge doch bitte jede/r für sich selber entscheiden - der, der davon zunächst einmal am meisten betroffen ist: Der Nasciturus nämlich, ist begreiflicherweise meist noch außerstande, sich zu Art und Hergang seiner Geburt zu äußern, geschweige denn: sich eine ihm angemessen erscheinende Geburtsart zu wünschen. Das tut er dann später – beim Psychiater möglicherweise.
Fest steht jedenfalls: Alle Menschen, die es auf dieser Welt gibt, sind irgendwann einmal geboren worden. Klingt simpel – doch scheinen die Schwangerschaftsblogs sonder Zahl täglich den Gegenbeweis der Simplizität dieses Ereignisses anzutreten und liefern somit, und wahrscheinlich noch nicht einmal gewollt, den Stoff für solide (Sozial)Forschung zum Begriffspaar "öffentlich/privat".
Was ebenso simpel klingt, aber es in Wahrheit gar nicht ist: Mater semper certa est!
Dies allen werdenden Vätern auf den Weg mitgegeben – sie haben’s auch nicht leicht, wie man hier liest.
Und damit die Sache noch richtig rund wird: Das kakanische Team drückt allen werdenden und werden wollenden Vätern und Müttern kräftig die Daumen und hofft auf zahlreichen (kakanischen) Nachwuchs!


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