Vorträge - Lectures - Part 7
[ Vorträge - Lectures ]
Die drei letzten Vorträge (nachfolgend auf 1, 2, 3 und 4 sowie 5 und 6), die sich den Lachenden Körpern und Exzentrischen Gesten in den Spielfilmen der frühen 1910er Jahre widmen, lenken ihr Augenmerk auf Wien. Zwischen anarchistischem Humor, grotesker Körperkomik und (Ver)Ordnung findet sich Asta Nielsen selbst zu einem Gastspiel in der pulsierenden Metropole ein:
Sonntag 24. Juni 14.00 Uhr Vortrag
Siegfried Mattl WIEN
VOM STAUNEN ZUM VERLACHEN. Körper, Grotesken und Humor in Wien vor 1914
Abstract:
- Das Kino mag relativ schnell das dominante Medium der visuellen Kultur geworden sein und den soziokulturellen Körperimages ihr Gepräge gegeben haben. Dennoch ist es fraglich, ob man die Film-Bilder aus dem Bilder-Universum ihrer Umgebungskultur herauslösen kann, auf die sie sich beziehen oder zu denen sie sich in Konkurrenz setzen müssen. Zu denken ist dabei zum einen an die populare Tradition der physischen Attraktionen in Zirkus, Side-Shows und Panoptiken, in denen sich ein Staunen über die Singularität körperlicher Exaltationen hält, zum anderen sind die aufwändig gestalteten illustrierten Humorzeitschriften zum Vergleich heranzuziehen, die – so wie Bergson es gesehen hätte – vor allem der Sanktion "unzeitgemäßer" Verhaltensweisen dienen, in dem sie sozial und ethnisch codierte Gesten und Physiognomien der Lächerlichkeit preisgeben. Die Frage, die nicht zuletzt wegen des Verlustes der meisten der frühen Filme so schwer zu beantworten ist, wäre: schlägt sich das Kino, wo es auf dem Körper insistiert, auf die (proletarische) Seite des Wunders und des Sublimen, oder auf die (bürgerliche) Seite der Standardisierung.
Sonntag 24. Juni 15.00 Uhr Vortrag
Werner Michael Schwarz WIEN
DIE ORDNUNG DES WIENER KINOS IN DEN FRÜHEN 1910er JAHREN
Abstract:
- Für das Wiener Kino sind die frühen 1910erJahre in mehrfacher Beziehung eine Phase der Ordnung. Im engeren Sinn wird das durch die "Kinoverordnung" von 1912 augenfällig, die eine erste gesetzliche Regelung darstellte und den Versuch, das neue Phänomen juristisch-verwaltungstechnisch zu definieren. Die mit dem Begriff "Attraktionskino" (T. Gunning) charakterisierten Misch- und Übergangsformen, jeweils in enger Verbindung mit avancierten metropolitanen Unterhaltungskulturen und -stätten (Varietés, Prater etc.), hatten aber bereits davor einer Aufführungs- und Gebrauchspraxis Platz gemacht, die sich am Theater orientierte. Zeitgleich konnte sich das Kino auch in jenen Zonen der Stadt fest verankern, die sich bis dahin als vergleichsweise resistent erwiesen hatten, wie die Arbeiterbezirke Ottakring, Hernals oder Favoriten. Die frühen 1910er Jahre standen zudem im Zeichen der heftig geführten "Kinodebatten", die zwischen Faszination und Abwehr das Kino kulturell und politisch einzuordnen versuchten.
Sonntag 24. Juni 16.00 Uhr Vortrag
Elisabeth Streit WIEN
FILMBUSINESS IS FEMALE. Asta Nielsen, Produzentin und Schauspielerin in Wien
Abstract:
- Als Asta Nielsen 1913 ihr erstes Wiengastspiel auf der Variétébühne Ronacher gibt, ist sie dem Publikum keine Unbekannte mehr. Mit Afgrunden beginnt ihr kometenhafter Aufstieg zum international anerkannten Star. Angeregt durch zwei Theateragenten entschließt sie sich im Jahr 1913 zu einer ausgedehnten Gastspieltournee nach Wien, Budapest und Frankfurt. Ihr damaliger Autor, Regisseur und Ehemann Urban Gad schreibt ihr eine Pantomime auf den Leib und am 1. März desselben Jahres tritt sie in Prinz Harlekins Tod in der Rolle des unglücklichen Prinzen in Wien auf. Die Tageszeitungen und Branchenblätter kündigen ihren Besuch in der Donaumetropole euphorisch an, die Kritiken über ihren Auftritt fallen mehr als begeistert aus. Die Filme aus der Asta Nielsen-Serie werden durch die Österreichisch-Ungarische Kino-Industrie vertrieben, deren Besitzerin, neben Anton Kolm und Jakob Fleck, Luise Veltée-Kolm war. In groß angelegten Werbekampagnen kämpfen die heimischen Verleiher um Platz in den Zeitungen und Aufmerksamkeit für ihre Filme. Wien ist in dieser Zeit ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für die Vertriebsstrukturen in die entlegenen Länder der Monarchie. Über die Wanderkinos und Firmendependancen der einzelnen Verleiher in den Hauptstädten erreichen die Filme das kinohungrige Publikum. Bis 1914 erscheinen Artikel zu Asta Nielsens Schauspielkunst und ihren Erfolgen als Produzentin.
Sonntag 24. Juni 17.00 Uhr Abschlussdiskussion
Bevor der Vorhang für die Lectures & Screenings mit einem abschließenden Filmprogramm um 19.00 Uhr fällt, ziehen Michael Loebenstein (ÖFM), Siegfried Mattl, Brigitte Mayr (SYNEMA), Claudia Preschl (IKM) und Katja Wiederspahn ein Resümee zu LACHENDE KÖRPER – EXZENTRISCHE GESTEN.
Veranstaltungsort: ÖSTERREICHISCHES FILMMUSEUM, Augustinerstraße 1, 1010 Wien
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