Vorträge - Lectures - Part 5
[ Vorträge - Lectures ]
Auch und speziell dieses Wochenende werden die Lectures im Rahmen von Lachende Körper - Exzentrische Gesten mit vortrefflichen Beiträgen renommierter Filmwissenschaftler wie etwa Heide Schlüpmann und Eric de Kuyper ihre Fortsetzung im Filmmuseum (bei freiem Eintritt!) finden:
Diese Ankündigung bezieht sich vorerst auf den 15./16. Juni.
Freitag 15. Juni 19.00 Uhr Filmprogramm & Vortrag
ASSUNTA SPINA (1915, Regie: Gustavo Serena, mit Francesca Bestini)
Mit einem einleitenden Vortrag von Claudia Preschl WIEN & Katja Wiederspahn WIEN
Samstag 16. Juni 14.00 Uhr Workshop
Karola Gramann FRANKFURT AM MAIN
DIE VERSUCHSKANINCHEN
Abstract:
- Der Workshop befasst sich mit der Frage, wie man den frühen Star Asta Nielsen heute für ein Publikum von Nicht-SpezialistInnen programmieren kann. Ich möchte das an einem Programmvorschlag diskutieren, die Aufführung der Filme ist Teil des Workshops. Der Programmzusammenhang lässt bestimmte Aspekte eines Films sichtbar werden, andere in den Hintergrund treten. Ich möchte eine bestimmte Perspektive auf die Nielsen-Filme eröffnen.
Ob meine Vorstellung sich einlöst, wird sich erst mit dem Publikum zusammen feststellen lassen.
Mit Filmen von 1900-1924 sowie Home Movie (1972, Jan Oxenberg).
Samstag 16. Juni 16.30 Uhr Vortrag
Heide Schlüpmann FRANKFURT AM MAIN
HINTERTEIL UND VORDERTREPPE. ZUM QUEER-APPEAL DER ASTA NIELSEN
Abstract:
- Im wilhelminischen Deutschland, in dem Asta Nielsen Karriere machte, fiel ihre Körpererscheinung ganz und gar aus dem Rahmen. Nach den gängigen Normen wurde sie nicht für schön befunden: zu mager, zu wenig weibliche Rundungen, zu große Hände - und blond war sie auch nicht. Nach dem Ersten Weltkrieg jedoch repräsentierte dieser Körper Moderne: Die "Neue Frau", mit Bubikopf und androgyner Erscheinung, reüssierte. Doch wie sehr die Nielsen als Star, als Diva in Abendroben, kostbaren Pelzen, mit ausladenden Hüten posierte, auf einen Typus ließ sie sich nie fixieren. Sie schuf ihre Filmgestalt - die wildgelockte "Zigeunerin" so gut wie die blondbezopfte höher Tochter, das Proletariermädchen so gut wie die gefeierte Artistin - jedes Mal neu. Das Material bildeten Kostüme, Perücken, Schminke und - ihr Körper, ein Körper in Bewegung. Es sind Bewegungen zwischen Extremen: dem tragischen Ausdruck - der komischen Geste, der minimalen Regung des Gesichts oder der Hand - den raumgreifenden Aktionen, mit den kräftigen Armen und langen Beinen. Es ist, als wolle sich ihr Körper nicht festlegen lassen, weder auf Weiblichkeit noch auf Männlichkeit, noch auf das Androgyne.
Das Spiel der Nielsen rührt für uns heute an die Fragen von der Konstruktion des Geschlechts und des "Queer". Allerdings stellt es nicht nur die Geschlechts-"Natur" infrage, sondern ebenso die Naturalisierung der Klassenverhältnisse und Nationen. Ihre größte Wirkung hat die Nielsen vielleicht dort, wo sie die Ebenen polarer Herrschaftskonstruktionen durcheinander bringt und aufmischt; wenn die Proletarierin kraft ihrer Weiblichkeit sich in die aristokratische Gesellschaft setzt, die junge Frau kraft ihrer Aristokratie in den Männerbund des Militärs eindringt, oder die Kapitalistin sich von Liebe in die Arbeitermasse treiben lässt. In all diesen Bewegungen zwischen Extremen, scheint der intime Körper der Schauspielerin ebenso gesteigert da zu sein, wie sich afzulösen.
Quelle: Synema - Gesellschaft für Film und Medien
ÖSTERREICHISCHES FILMMUSEUM, Augustinerstraße 1, 1010 Wien
Vordertreppe und Hintertreppe (1914, Regie: Urban Gad, mit Asta Nielsen)
©DIF
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