Sprachkörper zw. Potenz und Potenzialis

posted by ush on 2008/10/14 09:55

[ Fallstudien | Case Studies ]

Katalin Teller hat eben einen Auszug aus ihrer Dissertation, in dem sie den Fall Moosbrugger untersucht, veröffentlicht. Im Rahmen ihrer Fokussierung auf Sprach- und Körpertheorie um die Jahrhundertwende widmet sich Teller ausführlich und tief gehend rhetorischen Figuren und Sprachspielen im Roman Der Mann ohne Eigenschaften.

Sie versteht es, überzeugend darzulegen, dass Musil den Graben zwischen Sprache und Wirklichkeit / Körperlichkeit darzustellen und zugleich mittels einer Poetik des Vergleichs zu umgehen weiß.

Der Fall Moosbrugger, wie auch der Fall Clarisse (und der Fall Meingast neben weiteren Figuren) beharrt auf der Potenz der Sprache, auf der Aneignung und direkten Einkörperung sprachlicher Gebilde und Gedanken. Sprache fühlen und sich in Sprache einbetten: Ein Mal entsteht so ein Frauenmörder, das andere Mal mit Clarisse eine exaltierte Gebärdensprache, die an Hysterie grenzt.

Musils Konzept des anderen Zustands als einer Poetik des Vergleichs erhebe nun den Interimszustand zwischen Gedanke und Gebärde, zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit / Körperlichkeit zu einem Lösungsansatz. Das "Wie" des Vergleichs setze hier einen Übergangs- und Freiraum ein, gewissermaßen eine Besinnungspause vor der be/trügerischen Sphäre des Körperlichen, oder eine Zusatzmembran, die beide Sphären zwar nicht unüberwindbar trennt, doch die Ordnungen der Sprache und des Körpers auf einem gewissen Abstand hält.

Potenzialität in diesem Sinne des Ordnungsprinzips des Potenzialis hat die Aufgabe, die Potenz zurückzuschneiden, einzuschränken und auf Abstand zu halten. Der Potenzialis könnte so auch mit einem physikalischen Bild, mit jenem des Magneten beschrieben werden, der mittels der Anziehungs- und Abstoßungskräfte auch durch den Beitrag geistert: Dem Zusammenstürzen der Magnetpole tritt die Membran des Wie dazwischen und relativiert diese Kräfte.


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