European Off Network - Part 13

posted by Angela Eder on 2005/12/11 18:16

[ European Off Network ]

Forest Forge, UK - Partner des European Off Network
Aus dem Länderbericht von Sean Aita (Forest Forge) zur Situation der freien Theater in Großbritannien während der Gründungstagung des European Off Network in St. Pölten, Juni 2005
In seinem Länderbericht über die Theaterlandschaft in Großbritannien verwies Sean Aita von Forest Forge Theatre Company einleitend auf das DCMS (Department for culture, media and sport), das für die staatlichen Regelungen in den Bereichen folgenden Bereichen zuständig ist:

  • Kunst
  • Musikindustrie
  • Bibliotheken
  • Museen
  • Galerien
  • Film
  • Fernsehen
  • Presse ("press freedom and regulation")
  • Lizenzen
  • Tourismus
  • Sport
  • National Lottery und Spiele
  • historisches Kulturgut (historic environment) inkl. der Erfassung von historischen Gebäuden und Monumente.


Aita hob darüber hinaus als weitere Aufgaben der DCMS "the export licensing of cultural goods" sowie "the management of the Government Art Collection and for the Royal Parks Agency" hervor und schloss seine Auflistung mit der Feststellung, dass es sich hierbei um eine nahezu absurde Mischung an Aufgaben- und Verantwortungsbereichen handle ("an almost absurdly mixed brief overseen by Minister of Culture Tessa Jowell).

Das DCMS verteilt die staatlichen Fördergelder (zur Verfügung gestellt von Regierung und aus der National Lottery) in England, Scotland, Northern Ireland und Wales in der Selbstdefinition als "national Entwicklungsagentur für die Kunst" ("the national development agencies for the arts") an die lokal agierenden Arts Councils, die wiederum für die Unterstützung der größeren Theater sowie für den unabhängigen Theaterschaffenden zuständig sind. Obgleich ein Großteil der Fördergelder den regionalen "Repertoiretheatern" (schon hier ist in der Begrifflichkeit eine deutliche Unterscheidung zu deutschsprachigen Unterscheidung zwischen Staatstheatern und freier Szene zu erkennen) zufließt, so kann seit der Einführung von Fördermitteln durch die National Lottery eine deutliche Verschiebung in Richtung unabhängige und alternative Kunstformen .... werden.

Parallel zur Förderstruktur in Wien können auch hier
  • eine längerfristige Konzeptförderung (revenue funded) mit einem Minimumförderung von 30.000 Euro im Jahr
  • einmalige Projekförderungen (project funded)

und
  • nicht unterstützte Gruppen, Organisation und Projekte ("un-funded" companies, organizations and venues)

festgemacht werden.

Allein in Südengland werden über 100 Gruppen auf diese Weise gefördert, von gemeinschaftlich agierenden Musiktheaternetzwerken wir Shiva Nova bis hin zu SEETA, einer Agentur für kleinere und mittlere lokalen Veranstaltungen oder Third Space, einer Art Vergabe-Subzentrum, das Gruppen unterstützt, die sich für künstlerische Arbeiten im ländlichen Raum einsetzen.
Die am höchsten subventionierten Gruppen erreichen Unterstützungen bis zu 300.000 Euro im Jahr, was im Vergleich zu regionalen "Staatstheatern", etwa The Nuffield Southampton mit 700.000 Euro im Jahr, als relativ gut bezeichnet werden kann.
Ein großer Teil der Kulturförderung im freien Bereich wird von der National Lottery übernommen. Die Förderungen aus diesem Topf gehen nicht an kontinuierlich unterstützte Organisationen, sondern an Kompanien oder EinzelkünstlerInnen und können von ein paar Hundert Euro bis zu mehreren Tausend Euro reichen und bis zu zwei Jahre Unterstützungszeit umfassen. Bei einem Betrag von unter 6.000 Euro werden die Einreichenden darüber hinaus innerhalb von fünf Wochen über Ab- oder Zusage ihrer Anträge informiert. Neben diesen kleineren Förderungen werden aber auch einmalige Sonderausgaben für Organisationen wie die Tate Modern, das Lowry Centre in Salford oder das Baltic in Gateshead damit finanziert. Vor allem aber sind es kleine und kleinste Projekte in den einzelnen Bundesländern (counties) der Landes, wobei hier auch ein Fokus auf die engere Zusammenarbeit zwischen dem sog. "Establishment" und unabhängigen neuen Gruppen gelegt wird, zumal Arbeiten von KünstlerInnen ethnischer Minderheiten. Als eines der letzten Projekte in dieser Richtung hob Aita das Projekt Decibel hervor, einem Zweijahresprojekt für "independent black and asian theatre".

Aita hob in seinem Bericht vor allem auch den großen Unterschied zwischen freier Theaterarbeit innerhalb Londons und in den einzelnen Countys hervor: Während man in den einzelnen Ländern unabhängige Gruppen dazu animiere, ihre Arbeiten in lokalen "arts centres" zu zeigen und wenn schon nicht die Übernahme der Kosten so doch eine Teilung der Einnahmen garantiere, so arbeiten zahlreiche Kunstschaffende in London unbezahlt bzw. müssen zum Teil ungeheure Preise für die Anmietung von Spielräumen bezahlen - obgleich sich auch hier, wie in Wien, die Publikumszahlen zum Teil in Grenzen halten und die verlangten Summen nicht mit den Einnahmen gedeckt werden können. Gruppen, die natürlich darauf bedacht sind, ihre Arbeiten kontinuierlich zu präsentieren und einer breiteren Öffentlichkeit zu zeigen, sind damit in der Hauptstadt einer "ausbeuterischen Beziehung" zu jenen ausgesetzt, die ihnen die notwendigen Räume bzw. Infrastruktur zur Verfügung stellen können.

Zum Abschluss seines Vortrages verwies Aita auf ITC - der Vertretung der unabhängigen Gruppen und, ähnlich der IG Freie Theaterarbeit in Österreich, landesweit etablierten starken Organisation, die auch die Möglichkeit hat, mit Gewerkschaften bzw. VertreterInnen der staatlichen Förderstellen zu verhandeln. Um der ITC beizutreten müssen Gruppen jedoch ein Abkommen unterzeichnen, in dem sie faire Arbeitskonditionen, -zeiten und Gehälter ihrer MitarbeiterInnen garantieren.
Aita schloss seinen Länderbericht mit der Feststellung, dass er dieses Fördermodell als im Großen und Ganzen positiv empfinde, wenn auch in einzelnen Aspekten und Teilbereichen noch einige zu verbessern sei.

Sean Aita ist Teil der Gruppe Forest Forge, welche wiederum Partnerinnen von Pride of Place ist - einem Verbund freie Theatergruppen, die sich der Theaterarbeit außerhalb gängiger Theater- und Aufführungssäle widmen und vor allem als Tourneegruppen in ländlichen Gebieten agieren.
Der landesweiten Vereinigung an regional tätigen Theatergruppen gehören zurzeit

an.

Über die Arbeit der PoP-Gruppen möchte ich aber in einem anderen Blog genauer berichten...

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Sean Aita
Forest Forge
forestforge@btconnect.com
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