Publikationen - Publications - Part 4

posted by Angela Eder on 2006/02/21 00:24

[ Publikationen - Publications ]

In letzter Zeit häufen sich die Artikel über Menschen in "prekären" Arbeitsverhältnissen, also Menschen wie ich es als sog. "freie" Kulturschaffende auch bin...
... und das hat sicherlich auch seine politische Notwendigkeit und Berechtigung.
Dennoch bleibt nach der Lektüre von Artikeln wie jenen, die letztes Wochenende im Standard-ALBUM von Ute Woltron, Renate Graber und "Die Armutskonferenz"-Mitinitiator Martin Schenk erschienen sind, ein schaler Nachgeschmack.
Da wird von verarmenden AkademikerInnen gesprochen - "wir sind eine große Gruppe" -, von verarmenden Frauen (die "sind davon stärker betroffen als Männer") und natürlich von MigrantInnen wie etwa "Frau N.", die dank des "Kulturpasses" nun endlich "wieder ins Theater" gehen kann...

Zumeist sind es Frauen, Akademikerinnen, Kunstschaffende und Bewohnerinnen von Mutter-Kind-Häusern, denen man hier, mit dem besten Vorsätzen, Interesse widmet - und das ist auch mit Sicherheit wichtig und sollte keinesfalls unter den Tisch der reichen österreichischen Tafel gekehrt werden; aber irgendwie bereitet es mir doch Kopfzerbrechen, wenn ich permanent das Gefühl habe, dass sich hier auch so einige "Sozialpaparazzi" darunterschleichen, die sehr gutes Geld mit der Platzierung "tagesaktuelle" Artikeln verdienen, in dem sie sich eines neuen Sozialvoyeurismus bedienen, der Menschen wie mich - also die "Working Poor" - beim Lesen nicht mehr hilft, als ihnen ihr "Schicksal" in der Wochenendbeilage neben aktuellen Buchbesprechungen und Architekturnotizen über die neuesten innovativen Eigentumshäuser nur allzu deutlich und ein bisschen zu mitleidig vor Augen geführt zu bekommen: "'Kultur fehlt mir sehr', sagt die Bautechnikerin. 'Aber ich kann mir die Eintrittskarten nicht leisten.' (Die Furche 3 v. 9.1.2006, s. 5) - "Frau L. fährt einstweilen durch die dunkle Stadt. Die Kinder schlafen noch. Es gibt kein Auskommen (Standard-ALBUM v. 18.2.2006, S. A3) - "'... vielen geht es viel schlechter - aber irgendwann einmal wünsche ich mir schon ein etwas anderese Leben.'" (ebenda, S. A2) ---

So wichtig es ist, sich dem Phänomen "Prekarität" zu widmen, so wichtig wäre es auch, dabei nicht in Versuchung zu kommen, selbst soziale (Wahrnehmungs)Grenzen zu ziehen und in einen meiner Ansicht nach nicht ungefährlichen Mitleidsjargon zu verfallen.

Antworten

01 by usha at 2006/02/22 10:22 Bitte registrieren und/oder loggen Sie ein, um zu antworten
Man kann den Zynismus natürlich ein bisschen weiter treiben, denn unter dem vollkommen unantastbaren Mantel der political correctness könnte - als Nebeneffekt natürlich - solch eine Wahrnehmungsgrenze dazu führen, "geordnete Verhältnisse" wiederherzustellen. D.h.: Frauen treiben sich selbst ins Abseits, wenn sie sich den sog. "Kultur- und Geistewissenschaften" hingeben, es sei denn dies wird in einer lukrativen Ehe/Familie aufgefangenn, und "Tatmenschen" in "ordentlichen" Berufen mit Hand und Unternehmergeist bringen es zu mehr. Man könnte also problemlos auch eine Partnervermittlungsrubrik anschließen "Diotima sucht Arnheim".

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