"Als großer Erfolg der Interessengemeinschaft freie Theaterarbeit Österreich (IGFT) darf das am Sonntag zu Ende gegangene internationale Treffen EUROPEAN OFF NETWORK in St. Pölten bezeichnet werden.
Mehrer Hundert TeilnehmerInnen fanden hier von 16. bis 19. Juni 2005 zusammen, um über Vergangenheit, derzeitige Situation - und vor allem gemeinsame zukünftige Projekte zu sprechen, einander im Rahmen einer Reihe kleinerer Workshops näher kennen zu lernen und nicht zuletzt eine Anzahl spannender Key-Note-Vorträge renommierter internationaler Theater-Theoretiker und 'NetzwerkmacherInnen' zu besuchen.
Unter Letzteren seien vor allem der Theaterwissenschafter und Kulturanalytiker Dragan Klaic, der, in Belgrad als Dramaturg und Theaterhistoriker ausgebildet, seit nunmehr 14 Jahren als Permanent Fellow der Felix Meritis Foundation in Amsterdam tätig ist und an der Universität von Leiden Kunst und Kulturpolitik unterrichtet, sowie die Generalsekretärin des IETM (Informal European Theatre Meeting), Mary Ann de Vlieg, und Jadranka Andjelic als Vertreterin des mittelosteuropäischen Theaternetzwerks Balkan Express hervorgehoben.
Gerade Letztere zeugte in ihrem einstündigen Impulsreferat einprägsam von der großen Bedeutung europäischer Netzwerkbildung: Balkan Express startete 2002 mit dem Ziel, darstellende KünstlerInnen der 'Balkanregionen' nachhaltig zu vernetzen, wobei der Hauptfokus zuerst nicht in einem künstlerischen Zusammenschluss unterschiedlicher Theatergruppen bestand, sondern vielmehr im theoretischen und strukturellen Austausch, im Aufbau einer 'informellen' Plattform darstellender KünstlerInnen aus den Balkan-Staaten und dem Austausch von 'Ideen und Projekten, dem Dialog und der Kommunikation' (Jadranka Andjelic). Tatsache war – und ist zum Tei noch bis heute -, dass sich in vielen Fällen der Austausch zwischen den einzelnen Staaten der sog. "Balkan-Region(en) nur schwer - in den ersten Jahren zum Teil noch gar nicht - ermöglichen ließ, und dies nicht nur aufgrund der unterschiedlichen politischen Situationen, sondern auch in Hinblick auf die je eigenen Bestandsaufnahmen und Selbstdefinitionen, die viele KünstlerInnen vorerst von einer aktiven Beteiligung an dem, vor allem auch in Bezug auf dessen Namen, skeptisch bis ablehnend aufgenommenen Projekt.
2004, so Andjelic, sieht der Situation wesentlich besser aus - der Balkan reicht heute, so die Theatermacherin bei ihrem Vortrag, 'bis nach Österreich', und die Beteiligungsbereitschaft der Kunstschaffenden an diesem Prozess scheint heute nicht nur politisch, sondern auch ästhetisch und strukturell wenn schon nicht einfacher (der Kampf um Ausreisegenehmigungen und Visa hat sich bis heute nicht wesentlich gelegt), so doch offener und interessierter, als dies noch vor wenigen Jahren oder gar 1991, als die Regisseurin gemeinsam mit Dijana Milosevic das DAH Theater Belgrad gründete, ausgesehen hat.
Zu den Missionen des Balkan Express (BE) zählen, so Jadranka Andjelic, die (Re-)Etablierung einer größeren Mobilität der in den Balkan-Ländern tätigen Theaterschaffenden, mit dem Ziel, den Austausch auch mit den anderen europäischen Ländern zu verbessern."