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Das Stadttheater von Pressburg / Pozsony / Bratislava - Die Geschichte eines Hauses

Die Geschichte des Pressburger Stadttheaters (das 1920 zur Spielstätte des Slowakischen Nationaltheaters wurde), ist ein Thema, das als Ganzes ungenügend bearbeitet ist. Unterschiedlich ist das Maß der Aufarbeitung einzelner historischer Epochen sowie auch der Geschichte der einzelnen Theatergattungen (Schauspiel, Oper, Operette, Ballett). Der bedeutendste "Einschnitt" in der Geschichte des Theaters scheint bis heute das Jahr 1920 zu sein - das Jahr der Gründung des Slowakischen Nationaltheaters (SND). Das Geschehen im Stadttheater vor diesem Zeitpunkt erfreute sich bis vor kurzem nur geringer Aufmerksamkeit der slowakischen Theaterhistoriker, mit Ausnahme der Publikationen von Elena Cesnaková-Michalcová, Ladislav Lajcha und einigen anderen Autoren.

Eines der Ziele unseres Projektes besteht darin, die Lücken im Stand der Kenntnisse über die Geschichte des Theaters zu schließen. Andererseits wollen wir uns auch im Fall jener historischen Kapitel, zu denen Fachliteratur vorhanden ist, nicht mit der Übernahme fremder Interpretation der Geschichte begnügen; eingefleischte Ansichten sollen im Lichte der Quellen überprüft werden. Das Geschehen in und um das Theater versuchen wir mit Abstand zu betrachten, ohne jegliche ideologische und mythologische Stereotype und bar der Neigung nur Positives aus der Geschichte herauszuholen. Unser Bemühen um eine untendenziöse Historiographie widerspiegelt auch die Periodisierung des Projekts: der durch den Bau des neuen Helmer- und Fellner-Theaters im Jahr 1886 gegebene zeitliche Rahmen erscheint als nützliche Antithese zu den bisher bevorzugten Periodisierungsrahmen, bestimmt von der Geschichte des slowakischen Nationaltheaters, bzw. der Geschichte des slowakischen Theaters im ethnischen Sinn.

Themenstruktur: Die bearbeitete Problematik ist in drei grundlegende Gesichtspunkte gegliedert, die in unserer Arbeit allerdings ineinander greifen. Den ersten Gesichtspunkt nannten wir Geschichte der künstlerischen Ereignisse - es handelt sich hierbei um bedeutende Theaterproduktionen, bzw. auch einzelne Aufführungen, bei denen die dramatische Vorlage, die Inszenierung, der Widerhall in den Medien, der Publikumsanklang und die eventuelle Interaktion mit dem gesellschaftlichen (und politischen) Leben eine bedeutende Rolle spielen. Der zweite grundlegende Gesichtspunkt könnte als Theater in der Stadt, im Land, in der Nation betitelt werden. Hier handelt es sich um das Verständnis der sich wandelnden gesellschaftlichen und ideologischen Rahmen und Kontexte des Funktionierens vom Theater. Dieser Gesichtspunkt ist umso wichtiger, als das Stadt-, bzw. Nationaltheater stets eine bedeutende Kulturinstitution war, als Plattform der bürgerlichen und nationalen Repräsentation und der Enfaltung kollektiver Identität diente. Schließlich, vermittelnd zwischen diesen beiden grundlegenden Gesichtspunkten unserer Untersuchungen ist der dritte Gesichtspunkt: Geschichte des Theaterbetriebs. Unserem Interesse darf nämlich der Fragenkomplex der Entscheidungsmechanismen, der Finanzierung, der Preispolitik und auch der sozialen Lage des künstlerischen und sonstigen Personals nicht entgehen.

Von großer Wichtigkeit wird der Vergleich unseres historischen Materials mit den Erkenntnissen zur Theatergeschichte anderer Städte sein. Gleichermaßen wichtig ist die Suche nach Parallelen und Unterschieden. Interessant dabei sind besonders andere Städte unserer Region (Wien, Budapest, Brünn, Prag, Breslau usw.), aber auch andere Städte Europas. Manche ausländische, besonders deutsche und italienische Studien zur lokalen Theatergeschichte sind nämlich auch methodologisch aufschlussreich.

Zur Arbeitsweise: Dominierend in der ersten Phase des Projekts (2007-2008) ist die Quellenforschung, in der wir uns insbesondere auf die Zeit ab 1886 (bzw. 1867, in Hinsicht auf die Folgen des Österreichisch-Ungarischen Ausgleichs auf das kulturelle Geschehen) bis 1920 (bzw. 1919) konzentrieren. An dieser Phase des Projekts beteiligen sich Ladislav Lajcha, Vladimír Zvara und Jana Laslavíková, als Konsultanten Elena Mannová, Jana Lengová, Jaroslav Blaho und weitere Spezialisten. Der internationale Charakter unseres Themas und die Verwahrung zahlreicher bedeutender Quellen im Ausland implizieren auch die Notwendigkeit des Einbeziehens ausländischer Konsultanten, darunter besonders Tibor Tallián (Budapest), Hubert Reitterer (Wien) und Marion Linhardt (Bayreuth).

Zur Orientierung sollen hier vier grundlegende Quellenarten genannt werden, die in dieser Arbeit berücksichtigt werden: 1) Dokumentation zu Inszenierungen (aus Beständen der Theatergesellschaften und -ensembles sowie etwa aus dem Nachlass von Künstlern usw.). 2) Wirkung und Reflexion (besonders in der zeitgenössischen Presse sowie in der Memoire-Literatur usw.). 3) Verwaltungsakten (aus den Beständen der Theatergesellschaften, des Magistrats, der Kultur- und Innenministerien usw.).

Wichtige Quellen befinden sich außer anderem in diesen Institutionen: Städtisches Archiv Bratislava, das Slowakische Nationalarchiv, das Landesarchiv, die Universitätsbibliothek, das Theaterinstitut, das Archiv des Slowakischen Nationaltheaters (SND). Im Ausland ist für unsere Zwecke besonders die Österreichische Nationalbibliothek in Wien von großer Bedeutung, weiter das Wiener Theatermuseum, die Budapester Széchényi-Nationalbibliothek und etliche weitere Institutionen.

Zu den wichtigen Ergebnissen dieser Arbeit in der ersten Phase wird die Erstellung einer Datenbank gehören. Dabei handelt es sich insbesondere um: 1) einen kompletten Tages-Spielplan des Theaters mit der Besetzung und weiteren Angaben, verbunden mit einem Register des künstlerischen Personals; 2) Fotokopien ausgewählter Kritiken und Archivdokumente; 3) Bildmaterial.

Die Datenbank wird chronologisch errichtet und mit der Zeit wird auch der Zeitraum nach dem Jahr 1920 erreicht, zu dem, natürlich, bedeutend mehr relevante Literatur und auch gut bearbeitete Archivfonds im Theaterinstitut und im SND vorhanden sind. Daher wird hier die Quellenforschung eher selektiv sein, auf ausgewählte, bedeutende, bis jetzt weniger aufgearbeitete Themen orientiert (insbesondere in Bezug zu der Zeit nach 1945, die weniger gründlich als die Jahren 1920–1945 aufgearbeitet ist). Schließlich kann nicht selten im Sinne des pars pro toto gearbeitet werden; zum Beispiel können an einer gut gewählten Inszenierung wichtige Charakterzüge eines gewissen Zeitabschnitts oder einer künstlerischen Richtung demonstriert werden.

Im Jahr 2009 schließlich soll jene Arbeit beginnen, die unmittelbar zur Verfassung einer kollektiven Publikation über die Geschichte des Pressburger Stadttheaters (SND) im Wandel der Zeit führen – eines umfangreichen Buchs mit reichhaltiger Bildbeilage und Dokumentation. Im Jahr 2009 findet ein Symposion statt unter der Teilnahme der oben genannten Stamm-Mitarbeiter des Projektes und der Konsultanten sowie weiterer heimischer und ausländischer Fachleute, und zwar nicht nur aus dem Bereich der Theater- und Musiktheatergeschichte. Im Rahmen dieses Symposions konstituiert sich das Autoren-Team der geplanten Publikation, gebildet von Fachleuten aus den Bereichen Theaterwissenschaft, Musikwissenschaft sowie allgemeine Geschichte, Kulturgeschichte und Geschichte der Architektur. Im Rahmen des Symposions wird ebenfalls das Konzept des Buches präzisiert, das im Jahr 2011 – dem Jahr der 125-jährigen Jubiläums des Stadttheaters erscheinen sollte.

Kontakt:
Univ.-Doz. Dr. Vladimír Zvara, Leiter des Instituts für Musikwissenschaft
Mag.a Jana Laslavíková, Doktorandin, Mitarbeiterin
Institut für Musikwissenschaft, Philosophische Fakultät der Comenius-Universität Bratislava, Gondova 2, 818 01 Bratislava
zvara@fphil.uniba.sk; jana.laslavikova@centrum.sk

Link zu Website oder Homepage: www.fphil.uniba.sk/index.php?id=clenovia_katedry
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