Imperialismus des Geistes. Fiktionen der Totalität und des Ichs in der österreichischen Moderne
AutorenCatarina Martins, Coimbra
Dieser Text will einen Beitrag zur Diskussion über die Anwendbarkeit der postkolonialen Theorie in der Analyse des kulturellen imperialistischen Diskurses im Kontext der habsburgischen Monarchie leisten. Dazu werden die fundamentalen Strukturen jenes Diskurses in europäischen Reichen mittelalterlichen Ursprungs und in überseeischen Kolonialreichen verglichen. Dieser Vergleich wird dann durch Beispiele einiger essayistischen Texte Hugo von Hofmannsthals und Robert Müllers, die die eigentümliche Konstruktion eines Nationalismus und eines Imperialismus der Kultur und der Dichtung aufweisen, in Frage gestellt. Anhand der essayistischen Romanen Müllers und Robert Musils, Tropen und Der Mann ohne Eigenschaften, zeige ich außerdem, wie der imperialistische Diskurs vom krisenhaften Subjekt der literarischen Moderne als mögliche Lösung seiner problematischen Beziehung zur rationellen und technologischen Modernität genutzt wird. Als Fiktion der Totalität scheint der Diskurs des Imperialismus dazu geeignet, die Einheit der Welt und des Ichs als Ganzheiten wiederherzustellen.
This essay discusses the adequacy of post-colonial concepts for the analysis of cultural imperialist discourse in the context of the Habsburg monarchy. This implies, first of all, a comparison of the fundamental structures of this discourse in modern colonial empires, on the one hand, and in continental empires of medieval origin, on the other hand. The results will then be questioned on basis of examples from essays by Hugo von Hofmannsthal and Robert Müller, which reveal a singular construction of nationalism and imperialism based on culture and literature. In an attempt to situate this particular imperialism within modernism, the analysis of Müller’s and Robert Musil’s essayistic novels (Tropen and Der Mann ohne Eigenschaften) will show how imperialism is motivated by the crisis of the Subject and how it can represent an eventual solution for the problematical relation of the modernist I with a rational and technological modernity. Indeed, as a fiction of totality the imperialist discourse appears as the most adequate form for the modernist reconstruction of the lost unity of the Subject and the world.