Ausmusterung

posted by Katalin Teller on 2008/03/15 22:08

[ Science ]

"Feudale Reliquie" könnte man in Ungarn Vieles nennen, in Januar d.J. bezog sich dieses Syntagma indessen auf die Ungarische Akademie der Wissenschaften und zwar in einem Interview mit Béla Darvas, einem Ökotoxikologen, der sich bereits vor mehreren Jahren in Sachen Wissenschaftsfinanzierung zu Wort gemeldet hat und dementsprechend in einem Großteil der einschlägigen Akteuren des Spielfelds auf einmal Feinde begrüßen durfte.

Auch letztes Jahr griffen Gábor Vajta und Csaba Szabó, zwei im Ausland tätige Forscher, die hiesigen Verhältnisse an und zwar mit dem Hauptargument, der Neubelebung des wissenschaftlichen Betriebs in Ungarn stünden gerade ihre Entscheidungsträger im Wege.

Ich will hier gar nicht die ganze Diskussion rekonstruieren, in der von widersprüchlichen wissenschaftspolitischen Zielsetzungen, völliger Orientierungslosigkeit der Nachwuchsförderung bzw. von  institutionellen und professionellen Anomalien vs. Perfektion der Akademie der Wissenschaften die Rede war. Eines ist gewiss: Ein überdimensioniertes administratives Heer sowie einbetonierte Strukturen in den Tempeln und Köpfen der angeblichen Wissenschaft sind alles andere als erfreuliche Faktoren, wenn es darum geht, dass auf der einen Seite eine völlig offensichtliche kontraproduktive Herstellung von jungen Nachwuchswissenschaftlern und von nicht mehr so jungen, weil eben in den Führungseliten zu suchenden Wissenschaftlern vor sich geht und dementsprechend Ungarn mit einer akuten Überproduktion an solchen Arbeitskräften zu kämpfen hat, auf der anderen Seite jedoch die Abwanderung von wettbewerbsfähigen Forschern unaufhaltsam zu sein scheint, für deren Kurierung keine Spur von Konzeptionen am visionären Horizont der Institutionen ausmachen lässt.

Nicht als ob ich da ein salonfähiges Projekt vorstellen könnte, besonders jetzt, wo sich Ungarn am 9. März einmal mehr blamiert hat: Die Engsichtigkeit und der Mangel an Verantwortungsgefühl scheinen praktisch ein genuines, unüberholbares Hungaricum zu sein (ach, wie schön wären sie in einem Souvenirschachtelchen neben 2 Paprikas und einem Kokárda in die Schneefelder und an die Pinguine des entsprechenden Erdteils verschickt und nicht mehr retourniert!), angesichts dessen aber ein winzig kleiner Schritt nach vorne mehr als einer waghalsigen Weltverbesserungszumutung gleichkommt.

 


Antworten

Budapest

A picture from the heydays of liberal Budapest - when a whole (though short) underground line could be built within two years. And M1, the famous "Földalatti", Budapest's yellow line, still works. I have never seen this image of the construction on Andrássy before, so be full of admiration - and I am not telling your where it is from...

The M1-line so is a memento to both: a liberal mayor (for what Budapest was capable of) and the Siemens company, who more than a hundred years ago was capable of producing faultless underground trams (not like today's Combino crap...)

Budapest has – together with St. Petersburg and Vienna – one of the largest tramway networks of the world. The tramway type "UV" – standing for "Új villamos - New tramway" and pictured above – was designed in the early forties and is still a symbol for Hungary's once high-tech railway-carriage industry. With the arrival of the new low-floor-trams in spring 2006 – built by Siemens in Vienna and not too beautiful – this landmark of Budapest will vanish from the cityscape.
György Petri: Imre Nagy

Du warst unpersönlich wie die anderen bebrillten Führer
im Sakko, deine Stimme war nicht metallen,
denn du wußtest nicht, was du eigentlich sagen solltest,
so unvermittelt den vielen Versammelten. Gerade das Plötzliche
war ungewohnt für dich. Du alter Mann mit dem Zwicker,
ich hörte dich, ich war enttäuscht.
Ich wußte noch nichts

vom Betonhof, wo der Staatsanwalt
das Urteil gewiß heruntergeleiert hat,
ich wußte noch nichts von der groben Reibung des Stricks, von der letzten Schmach.

Wer will sagen, was sagbar gewesen wäre
von jenem Balkon aus, Möglichkeiten, unter Maschinengewehren
verfeuert, kehren nicht zurück. Gefängnis und Tod
wetzen die Schärfe des Augenblicks nicht aus,

wenn der eine Scharte bekommen hat. Aber wir dürfen uns erinnern
an den zögernden, verletzten, unentschlossenen Mann,
der gerade seinen Platz zu finden schien,

als wir davon aufwachten,
daß man unsere Stadt zerschoß.

Übersetzt von Hans-Henning Paetzke

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