Titel

Social Learning. Oder: Woran die Kommerzialisierung von Online-Gemeinschaften scheitert, wie man sie doch erreichen könnte und warum es bei Communities letztlich um etwas ganz anderes geht - nämlich um die Nutzung der letzten Lernmaschine der ganzen Welt

Autoren

Christian Eigner / Peter Nausner,  Graz

Im vorliegenden Beitrag wird in Essayform die These vertreten, dass die seit Jahren angestrebte Kommerzialisierung von Communities daran scheitert, dass Online-Gemeinschaften permanent zwischen der "Logik der Gabe" und der "Logik des Tausches" hin und her pendeln. Wer eine Ökonomisierung von Communities anstrebt, muss die "Logik der Gabe" unterdrücken, bzw. diese wenigstens zu verschleiern versuchen. Wie das gelingen kann, verdeutlicht ein Blick auf Massenmärkte: Hier sind die Gaben- und Geschenksdimension, die jedem Tauschakt innewohnt, de facto unsichtbar. Zu verdanken ist das dem "Vergesellschaftungsprozess", den die meisten Unternehmen durchlaufen: Dadurch, dass sie in öffentlichen Besitz übergehen, und etwa in Form von Gesellschaftsverträgen "Verfassungen" erhalten, werden sie abstrahiert, und unpersönliche Geschäftsbeziehungen bestimmen in der Folge den Alltag. Funktionieren kann diese "Konstitutionalisierung" allerdings nur, wenn gleichzeitig in einer Gesellschaft öffentliche Institutionen existieren, in denen die verdrängte Gaben- und Geschenksdimension wieder in Erscheinung treten kann. Eine Unterdrückung der "Logik der Gabe" in Communities könnte folglich durch eine Transformation derselben in Constitutionalized Communities gelingen, was zugleich jedoch Institutionalisierungsprozesse nötig machen würde.

Allerdings bleibt fraglich, ob eine solche Ökonomisierung überhaupt anzustreben ist. Längst bilden die Communities im Internet ein eigenes Netzwerk, das den Charakter einer riesigen Lern-Maschine hat: LesenSchreibenLesenSchreibenLesen.... ist die Grundbewegung dieser Maschine, in die sich jeder, der diese Maschine nutzt, einschreiben muss und sie so umgekehrt erst wieder mit hervorbringt. LesenSchreibenLesenSchreibenLesen.... ist aber auch stets ein Modus des 'Sozialen Lernens', bedeutet es doch das kritische Diskutieren von Ideen in einer breiten Öffentlichkeit. Unternehmen, die diese Lern-Maschine für sich nutzen wollen, stehen nun allerdings nicht vor der Aufgabe, ihre eigene Community zu bauen, sondern haben v.a. die Aufgabe, strukturell-organisatorische Anschlussmöglichkeiten für diese neue Kultur des 'Social Learnings' zu schaffen. Wie das passieren könnte, wird abschließend durch die Präsentation des sog. 'BusinessLab'-Konzepts gezeigt; d.h. durch Darstellung einer Entwicklungs- und Innovationsumgebung für Unternehmen, deren Grundpraxis 'Soziales Lernen' ist.

Der Beitrag ist Teil des Themenschwerpunktes "Netzwerke" und steht in Korrespondenz zu den Beiträgen von Viktor Bedő, Barbara Büscher, Barbara Büscher 2, Christian Eigner und Johannes Moser.

The article spreads the thesis that the commercialization of online communities fails for the reason that they are permanently oscillating between a "logic of gift" and a "logic of exchange". Therefore, if the commercialization of communities is the objective, the "logic of gift" has to be suppressed or at least masked. Analyzing mass-markets clarifies the successful way of doing that: In mass-markets the aspect of giving and gift inherent in each act of exchange is invisible. This is the result of the process of socialization that most enterprises go through: Based on the fact that they change into public possession and receive a kind of "constitution" of association, they become abstracted. In consequence, impersonal business relations determine the everyday life. But this "constitutionalisation" only works if at the same time in the society public institutions exist, in which the displaced giving and gift dimension is allowed to reappear. Therefore, a suppression of the "logic of gift" in communities could succeed by transforming them into 'constitutionalized communities'. Which would make institutionalizing processes within the community network necessary, too.

Though, it remains questionable whether such commercialization is to be aimed at all. In the internet, communities form their own network with the character of an enormous learning machine: ReadingWritingReadingWritingReading….. is its basic movement into which everyone using this machine has to enroll him- or herself what, in reverse, brings this machine into existence. In addition, ReadingWritingReadingWritingReading….. is always a mode of 'social learning', since it means the critical discussing of ideas in a broad public. Therefore, enterprises, which want to use this learning machine, don‘t have to build their own community, but above all have the task to create structural-organizational interfaces for this new culture of 'social learning'. How that could be done is finally shown by the presentation of the so-called 'BusinessLab' concept which describes a development and an innovation environment for enterprises wanting to base themselves on 'social learning'.

The article belongs to the discussion on "network/ing", together with the contributions of Viktor Bedő, Barbara Büscher, Barbara Büscher 2, Christian Eigner and Johannes Moser.

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