Der Aufsatz konzentriert sich auf den tschechischen Roman Nástup (1951) von Václav Řezáč, in dessen Zentrum die Problematik des Sudetenlandes nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs steht. Vordergründig ist dies die Frage nach der Stellung der Deutschen (die durch die Notwendigkeit der Aussiedlung beantwortet wird), dahinter verbirgt sich jedoch als wesentlich breiteres Thema der Umbau der Nachkriegs-Tschechoslowakei zu einem sozialistischen Bruderstaat der Sowjetunion. Nástup kann als ein Kolonialroman in dem Sinne gelesen werden, als er die Kolonialisierung des Sudetenlandes beschreibt, also die Machtübernahme der Tschechen in nationaler, politischer und wirtschaftlicher Sicht. Hinter dieser primären steckt aber eine sekundäre Kolonialisierung, nämlich jene der Tschechen durch die Russen, des Westens durch den Osten. Řezáč versucht in seinem handwerklich durchaus überzeugenden Roman, die sozialistische Ideologie einem breiten Publikum nahezubringen. Von seinem bisherigen Schaffen (psychologische Prosa) wendet er sich radikal ab und übernimmt aus der sowjetrussischen Literatur die künstlerischen Grundsätze eines reduzierten Sozialistischen Realismus sowie die Gattung des Aufbauromans. Damit ist Řezáčs Nástup gleichzeitig Instrument und Produkt einer Kolonialisierung - im konkreten Fall des Antritts der sowjetrussischen Hegemonie über die tschechische Kultur der 50er Jahre.